Energieeffizienz in Echtzeit
Über manches, was die EU in Brüssel plant und beschließt, lässt sich diskutieren. Aber im Falle der Energieeffizienz-Richtlinie von 2012 ist man der Europäischen Union bei REXEL Austria in Weißkirchen an der Traun in Oberösterreich vor allem eines: dankbar. „Das Gesetz hat uns den nötigen Impuls für eine richtige Entwicklung gegeben“, sagt Alexander Wunderer, Energieexperte bei REXEL. „Heute haben wir unseren Stromverbrauch um 15 Prozent gesenkt, das ist ein respektabler Wert für ein Hochregallager. Wir sind Pioniere im Energiemanagement und haben nebenbei ein neues Geschäftsmodell gefunden.“ Wunderer sitzt im Konferenzraum, hinter ihm ein breites Panoramafenster, das einen Blick in eine der drei Lagerhallen bietet. Im Zentrallager von REXEL Austria herrscht eiliges Treiben. Von hier werden Unternehmen in ganz Österreich mit allem beliefert, was die Welt der Elektroniktechnik bietet: vom Kabel bis zur Kaffeemaschine. Das Unternehmen agiert in Österreich als Dachmarke für die zwei Vertriebsnetzwerke SCHÄCKE und REGRO und hat 650 Mitarbeitende, 100 davon im Außendienst. Es gehört zur weltweit tätigen REXEL Group – mit 2.000 Filialen in 26 Ländern einer der führenden Großhandelskonzerne für den Vertrieb von elektrischen Produkten und Dienstleistungen für die Energiewelt.Eine Reise mit Überraschungen
So wie andere Großunternehmen stand REXEL nach Einführung der EU-Richtlinie vor der Wahl: Alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen oder ein Energiemanagementsystem einführen. Das Unternehmen entschied sich für das Energiemonitoringsystem von Siemens – der Beginn einer Reise, die einige Überraschungen brachte und noch lange nicht zu Ende ist.„Erst einmal haben wir mit einigen einfachen Zählern die Energieflüsse sichtbar gemacht. Wir wollten wissen: Wo verbrauchen wir wann wieviel Energie?“, erzählt Rainer Brade, Produktmanager von Siemens Österreich für Energiemonitoring und Energieschaltgeräte. Wenn er „wir“ sagt, wird deutlich, wie eng er und das Team Energy Solution von REXEL an diesem Projekt zusammenarbeiten.
Und es folgte eine Überraschung. Wunderer hatte erwartet, dass der Motorenbereich in der Halle – etwa die Kabelschneidemaschine, die den ganzen Tag in Betrieb ist – den Löwenanteil am Energieverbrauch hat. Aber weit gefehlt: Den größten Anteil hatte die Beleuchtung, gefolgt von der Büro-IT. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass es in den meisten Unternehmen ähnlich falsche Vorstellungen gibt“, sagt Wunderer.
Heute haben wir unseren Stromverbrauch um 15 Prozent gesenkt, sind Pioniere im Energiemanagement und haben nebenbei ein neues Geschäftsmodell gefunden.Alexander Wunderer, REXEL Energieexperte
Einziges CO2-neutrales Logistikzentrum im Land
„In vielen Unternehmen sieht man die Energiekosten noch immer als Fixkosten“, erklärt Michael Hauser, Geschäftsfeldleiter Industrie bei REXEL Austria. „Man bekommt die Rechnung vom Energieversorger – und das ist alles, was man darüber weiß. Wir wollen den Unternehmen zu mehr Transparenz verhelfen.“Mit der Energiemonitoringsoftware powermanager findet man relativ einfach und schnell heraus, wo wieviel Energie fließt – und wie man sie einsparen kann.
So auch in Weißkirchen. Als ersten Schritt wechselte das Unternehmen in einer Halle das veraltete Beleuchtungssystem. Dazu zählte, dass nun die Beleuchtungen in den Gängen des Lagers heruntergedimmt werden können, wenn sie nicht belegt sind. Zudem wird das Tageslicht besser genutzt. Daraus resultierte eine sofortige Einsparung von zehn Prozent des Energieverbrauchs – rund 1.400 Euro im Monat. Und obwohl das Unternehmen wenig später auf den etwas teureren Ökostrom umstellte und damit als einziges Logistikzentrum in Österreich CO2-neutral wurde, konnten die Energiekosten merkbar und nachhaltig gesenkt werden. „Das hat uns zum Nachdenken angeregt“, erklärt Wunderer. Und Hauser fügt hinzu: „Dieser Start mit der Energiemonitoringsoftware powermanager war für uns wie ein interner Treiber für zukünftige Energiespar-Projekte.“
Die Experten interessierten jetzt die „Key Performance Indicators“, auf gut Deutsch: Wieviel Energie wird aufgewendet pro Tätigkeit? Im Falle der Lagerhalle zum Beispiel: Wie viel Mal greift ein Gabelstapler ins Regal und wie viel Energie muss er dafür aufwenden?
„Es wird ja viel über die Industrie 4.0, die Digitalisierung und das Internet of Things gesprochen, aber oft bleibt das im Ungefähren. Wir haben es gemacht“, sagt Rainer Brade. Die einzelnen Sensoren wurden dabei an die MindSphere angeschlossen – das cloudbasierte, offene IoT-Betriebssystem von Siemens – und liefern seitdem Daten darüber, wo in der Halle welche Maschinen bei welchen Tätigkeiten wieviel Energie verbrauchen.
„Damit geben wir die Benchmark vor“, erklärt Michael Hauser. Bei Rexel in Deutschland soll das System nun ebenfalls im Zentrallager in Bad Hersfeld installiert werden. „Die Infrastruktur der Lager ähnelt sich sehr. Wenn wir dann die Daten vergleichen, können wir uns fragen, warum hier mehr und dort weniger Energie verbraucht wird“, erklärt Hauser. Und dann lassen sich die Vorgänge optimieren.
In einem nächsten Schritt soll über den Energieverbrauch einer Maschine auch festgestellt werden, wann Teile ausgetauscht werden müssen, bevor die Maschine stillsteht – Stichwort „Predictive Maintenance“. „Wir lernen da gerade zusammen mit Siemens“, sagt Wunderer.
Bei REXEL gab es von Anfang an großes Interesse für die Möglichkeiten der MindSphere – aber auch Nachfragen bezüglich der Datensicherheit. „Dem sind wir begegnet, indem wir die IT-Abteilung mit eingebunden haben“, erklärt Wunderer. „Es ist sehr wichtig, dass die Spielregeln gleich zu Beginn klar sind.“ Rainer Brade von Siemens stellte vor den Verantwortlichen damals klar: „Das Unternehmen kann selbst darüber bestimmen, welche Daten es in die Cloud der MindSphere hochlädt – und welche im Unternehmen bleiben.“
Dass Energie sparen bedeutet, Geld zu sparen, wissen alle. Wir zeigen ihnen, wie es geht.Michael Hauser, REXEL Austria Geschäftsfeldleiter Industrie