Das Triebwerk einer Boeing kostet Millionen – bei der Produktion muss deshalb alles rund laufen. Die Mägerle AG Maschinenfabrik in Fehraltorf setzt bei ihren CNC-Maschinen auf die Technologie des «digitalen Zwillings» von Siemens: Damit kann ein neues Bauteil virtuell produziert und getestet werden, bevor die reale Maschine zum Einsatz kommt.
Sie beeindruckt im Grossen wie im Kleinen, die CNC-Schleifmaschine von Mägerle AG in Fehraltorf: Mehrere Meter hoch und rund 30 t schwer, schleift sie Bauteile für Triebwerke auf hundertstel Millimeter genau. Ein wechselbarer Spindelmesstaster erkennt die exakte Position des Werkstückes und dank der hochpräzisen Maschinenkinematik wird jedes Werkstück in nur einer Aufspannung perfekt bearbeitet. Einzigartig bei den Maschinen von Mägerle ist das vollumschlossene hydrostatische Führungssystem. Und sowohl die Linearachsen als auch der Rundtisch werden auf Öl bewegt, dadurch arbeitet die Maschine nahezu verschleissfrei.
In der Luftfahrt gelten äusserst strenge Qualitätsvorgaben und entsprechend hoch waren die Anforderungen des Kunden an die Schleifmaschine MGC-140 RV: Sie muss in der Lage sein, die ringförmige Ummantelung der Triebwerk-Brennkammer aus keramischem Faserverbundstoff exakt zu bearbeiten. Keramikverbundstoff ist sehr fest, hat aber ein geringes Gewicht und ist enorm hitzebeständig – über 1300°C herrschen in der Brennkammer des Triebwerks. Dazu Karl Naef, Senior Technology Consultant bei Mägerle: «Das Material ist sehr schwierig zu bearbeiten. Der Produktionsprozess dauert mehrere Stunden. Er muss absolut zuverlässig und präzis ablaufen, denn jede Fehlproduktion kostet viel Geld.» Um die hohe Genauigkeit der dreissig Arbeitsschritte im Produktionsprozess zu gewährleisten, werden die Diamant-Schleifwerkzeuge vor jedem Einsatz mittels Laser vermessen und entsprechend nachkorrigiert.
Auf vielen Ebenen interessant
Wo früher mehrere Maschinen zum Einsatz kamen, fertigt heute die neue Maschine das gesamte Bauteil im Alleingang. Die Zeitersparnis kann sich sehen lassen: Der Brennkammer-Ring wird in 14 Stunden produziert, früher dauerte dies mit 40 Stunden fast dreimal so lange. Mägerle entwickelte für den Kunden nicht nur die Maschine, sondern auch das zugehörige CNC-Programm. Hier betrat das seit 1929 bestehende Unternehmen Neuland und setzte auf die Technologie des «digitalen Zwillings» von Siemens. Dabei werden die komplette Maschine und alle Prozessschritte virtuell auf dem PC abgebildet. Dieses Konzept trumpft gleich mit etlichen Vorteilen: Während die reale Maschine weiter produziert, kann der Entwickler auf dem Abbild der Maschine – eben dem digitalen Zwilling – die Produktion eines neuen Bauteils von A bis Z festlegen, prüfen und optimieren.
Ist der Ingenieur oder die Ingenieurin zufrieden, werden alle notwendigen Daten auf die reale Maschine gespielt und die Produktion kann unverzüglich aufgenommen werden.
Aber das ist noch nicht alles: Der Kunde kann die Maschine bereits vor ihrer Fertigung digital abnehmen. Und auch die Mitarbeiter können auf dem Zwilling geschult werden, bevor die Maschine im Haus ist. Nicht zuletzt hilft das digitale Abbild, Kollisionen der beweglichen Teile zu vermeiden und verhindert so teure Schäden an der Maschine. Schliesslich ist das Konzept auch aus Marketing-Sicht spannend: An Messen beispielsweise kann die Maschine anschaulich und realitätsnah demonstriert werden ohne sie an den Ort des Geschehens zu transportieren.
Begeisterung beim Endkunden
Das Herzstück des digitalen Zwillings von Siemens bilden das CAD-System NX, die Programmiersoftware NX Cam und der virtuelle Kern der Steuerung Sinumerik 840 Dsl. Alle notwendigen Arbeitsschritte lassen sich in der Simulationsumgebung von Siemens erledigen: vom Design eines Bauteils im CAD, über das Erstellen der Bearbeitungsstrategie im CAM bis hin zur Maschinensimulation mit realen Achs- und Maschinendaten und dem virtuellen Abbild der Steuerung VNCK. Diese Durchgängigkeit erlaubt effizientes und benutzerfreundliches Arbeiten – das digitale Abbild lässt sich innerhalb weniger Tage erstellen. Falls gewünscht, kann der VNCK auch in andere Simulationsumgebungen integriert werden.
Mägerle setzt bei den Steuerungen ihrer Maschinen ausschliesslich auf Siemens. Naef blickt auf die rund zwölfmonatige Entwicklung zurück: «Siemens hat uns jederzeit bestens beraten und die Inbetriebnahme verlief reibungslos. Die empfohlene Kollisionsüberwachung in der Sinumerik-Steuerung zum Beispiel gibt uns als Entwickler und unseren Kunden beim Betrieb der Maschine zusätzliche Sicherheit.» Auch der Kunde von Mägerle aus der Luft- und Raumfahrtbranche ist rundum zufrieden – kürzlich hat er bei Mägerle zwei weitere Maschinen dieses Typs bestellt.
«Der Produktionsprozess muss absolut zuverlässig und präzis ablaufen, denn jede Fehlproduktion kostet viel Geld.»Karl Naef, Senior Technology Consultant bei Mägerle AG
Technik in Kürze
Als virtuelles Abbild der Maschine, des Produkts, der Produktion oder der Performance ermöglicht der digitale Zwilling eine Verknüpfung der Prozessschritte. Die Software PLM Siemens NX Virtual Machine Tool bietet Konstruktions-, Simulations- und Fertigungslösungen für die Realisation des digitalen Zwillings und unterstützt die Produktentwicklung von der Konzeptentwicklung bis zur Konstruktion und Fertigung. Die Siemens-Steuerung wird dabei durch den Virtual NC Kernel (VNCK) virtuell abgebildet. Die CNC-Steuerung Sinumerik 840 D verfügt über eine leistungsfähige Hardwarearchitektur, intelligente Regelalgorithmen und eine genaue Antriebs- und Motortechnik.
Mägerle AG Maschinenfabrik
Zusammen mit Blohm und Jung bildet die Marke Mägerle die Technologiegruppe Flach- und Profilschleifen innerhalb der weltweit tätigen United Grinding Group. Die Flach- und Profilschleifmaschinen von Mägerle in Fehraltorf zeichnen sich durch ihre gleichermassen hohe Abtragsleistung und Bearbeitungspräzision aus. Verwendung finden sie in der Turbinenindustrie, dem Automobil- und Flugzeugbau, der Hydraulikindustrie und dem Energiesektor sowie dem Maschinen- und dem Werkzeugbau.