Über 1300 Tonnen Fracht werden am Flughafen Zürich täglich umgeschlagen. Cargologic fertigt alle Waren ab – dazu muss die Infrastruktur Tag und Nacht zuverlässig funktionieren. Dies gilt auch für die Warenlifte im vollautomatischen Hochregallager. Siemens erneuerte Antriebssystem und Steuerung und lieferte eine ganzheitliche Lösung mit optimierten Lebenszykluskosten. Technologie aus dem Hause Siemens.
Ob Rosen aus Ecuador, Ananas aus Kenia, wertvolle Kunstgegenstände aus Asien oder Medikamente aus den USA – alle Waren, die per Luftfracht den Flughafen Zürich passieren, werden von Cargologic abgefertigt. Das Logistikunternehmen entlädt die Flugzeuge und stellt die Waren bereit für den Weitertransport auf der Strasse; es lagert Paletten und Container, bevor sie ins nächste Flugzeug geladen werden, und nimmt Warenladungen von Lastwagen entgegen, die per Luftfracht in entfernte Länder geschickt werden. Täglich passieren über 700 Flugzeuge den Flughafen – fast alle haben Fracht an Bord. Die Infrastruktur von Cargologic ist daher gut ausgebaut. Im vollautomatischen Hochregallager stehen 8200 Abstellplätze für Paletten mit Waren zur Verfügung, 8000 davon werden täglich genutzt. Im Durchschnitt wird das Lager einmal pro Tag vollständig umgeschlagen. «Die meisten Waren bleiben nur wenige Stunden in unserem Lager», sagt Urs Strupler, Technischer Leiter bei Cargologic. Lachend erklärt er: «Damit ist es eigentlich kein Lager, sondern eher eine riesige Sortiermaschine.»
Warenlifte arbeiten rund um die Uhr
Mitarbeitende trifft man im Lager von Cargologic nur auf den zwei unteren Stockwerken, in denen die Fracht von Flugzeugen und Lastwagen an- und ausgeliefert wird. Kleinere Pakete oder heikle Sendungen werden dort von Hand auf Paletten gestapelt. Alles andere läuft vollautomatisch im Hochregallager ab. Es dehnt sich mit einer Höhe von 37 Metern über neun Stockwerke aus, zu den Abstellplätzen für die Paletten führen vier 100 Meter lange Korridore. Kommt eine Palette ins Lager und ist der Barcode erfasst, wird sie automatisch mit einem Sendungslift in das vorgesehene Stockwerk transportiert. Dort angekommen, holt ein Manitrac – ein vollautomatischer Wagen, der auf Schienen fährt – die Palette ab und stellt sie am richtigen Platz ab. Im Lager fahren 20 solcher Manitracs mit einer Geschwindigkeit von 6 Metern pro Sekunde die Korridore auf und ab. Von einem Stockwerk ins andere gelangen die vollautomatischen Wagen per Lift. Im Hochregallager sorgen also insgesamt zwölf Lifte – pro Korridor ein Manitrac-Lift und zwei Sendungslifte – dafür, dass die Paletten rasch an ihre Plätze gelangen. Die Lifte sind rund um die Uhr in Betrieb, pro Tag führen sie 1000 Bewegungen aus. «Das Lager steht auch in der Nacht nicht still, dann müssen wir die Fracht für die frühen Morgenflüge bereitmachen», erklärt Strupler.
Die ganzheitliche Denkweise ist eine Stärke des Teams von Siemens.Urs Strupler, Technischer Leiter Cargologic
Alte Motoren auf engem Raum
Die Lifte brauchen zuverlässige und starke Motoren. Ein Manitrac hat ein Gewicht von 1,5 Tonnen und auch die Paletten können bis zu 1,5 Tonnen schwer sein. Ist der Manitrac voll beladen, müssen also 3 Tonnen von einem Stockwerk ins nächste transportiert werden. Die Sendungslifte sind für 1,5 Tonnen ausgelegt. Um diese Lasten zu bewegen, installierten die Erbauer in den 1990er-Jahren für jeden Lift einen Gleichstrommotor oberhalb der Kabinen. Die Höhe der Lagerhalle ist wegen der landenden Flugzeuge nach oben beschränkt. Deshalb sind die Liftseile nach dem Prinzip des Flaschenzugs gespannt.
Neben Motoren, Drahtseilen, Umlenkrollen und den alten Motordrosseln bleibt nicht mehr viel Platz im Dachgeschoss, alles ist eng aneinandergebaut. «Die Motoren wiegen 4,5 Tonnen und sind sehr gross. Als einer einen Lagerschaden hatte, mussten wir das Dach öffnen, um den Motor auszubauen», erinnert sich Strupler. «Damals stand ein Viertel des Lagers still. Solche Unterbrüche können wir uns nicht leisten.»
Alles aus einer Hand
In Zukunft muss Cargologic nicht mehr mit solchen Ausfällen rechnen – zumindest nicht wegen der Lifte. Sie werden nach und nach umgebaut. Beim ersten Sendungslift brauchte Siemens dafür weniger als zwei Wochen. Anstelle des grossen Gleichstrommotors treibt nun ein kompakter Simotics Asynchronmotor mit einem Getriebe die Liftkabine an. «Getriebe und Motor können unabhängig voneinander transportiert werden. Das Maximalgewicht einer Baugruppe beschränkt sich damit auf 820 Kilogramm. Zudem sind die Komponenten deutlich kleiner als zuvor. Dies macht einen Austausch oder eine Revision wesentlich einfacher», erklärt Hans Bosshard, Leiter Retrofit und Modernisierungen bei Siemens.
Die Getriebe stammen von der Siemenstochter Flender; so konnte Siemens alles aus einer Hand liefern. Neu sind auch die Sinamics Servoumrichter, die Simatic Steuerung und die Mechanik, die Siemens von einem Partnerunternehmen entwickeln liess. Die Lagerung wurde neu konstruiert und die Antriebswelle revidiert. Dank der neuen Steuerung und der Positionierfunktion E-Pos lässt sich der umgebaute Lift heute zudem optimal betreiben. Bosshard: «Dank des integrierten Lagereglers können wir den Lift in einem Stockwerk positionieren, ohne die mechanische Zangenbremse zu betätigen.» Der Verschleiss der Bremsen ist dadurch minim; gleichzeitig werden die Nebenzeiten für die Betätigung der Bremsen eingespart.
Optimierte Lebenszykluskosten
Als Generalunternehmer lieferte Siemens eine durchdachte Lösung aus einer Hand. Bosshard erklärt, wie er und sein Team vorgehen: «Wir betrachten die Situation beim Kunden immer als Ganzes und ziehen auch Aspekte wie Lager- und Ersatzteilbewirtschaftung mit ein.» Solche Überlegungen sind bei Cargologic wichtig, denn das Hochregallager muss die höchstmögliche Verfügbarkeit bieten. Das Unternehmen erledigt deshalb Wartung und Service mit eigenen Technikern und hält für jedes Bauteil ein Ersatzteil an Lager. Strupler: «Wir müssen das Ersatzteillager auch bewirtschaften. Der Aufwand dafür ist nicht zu unterschätzen.» Siemens setzte daher bei den zwei Typen von Liften möglichst die gleichen Komponenten ein. Motor, Getriebe, Servoumrichter und Steuerung sind identisch, nur die Mechanik ist individuell. Da die Sendungslifte für geringere Lasten ausgelegt sind als die Manitrac-Lifte, ist ihr Motor dadurch überdimensioniert. «Ein kleinerer Motor wäre günstiger in der Anschaffung. Betrachtet man aber die Kosten über den gesamten Lebenszyklus inklusive der Lagerhaltung, lohnt sich das nicht. Die doppelte Ersatzteilbewirtschaftung ist teurer als die Einsparung beim Kauf des kleineren Motors», erklärt Bosshard. Strupler ist mit der Lösung sehr zufrieden: «Diese ganzheitliche Denkweise ist eine Stärke des Teams von Siemens.» Langfristig wird Cargologic bei allen Liften auf die Technik von Siemens setzen. Der Umbau des ersten Manitrac-Liftes ist noch in diesem Jahr geplant und bis Ende 2019 sollen weitere zwei Liftanlagen folgen. Strupler sieht den Arbeiten gelassen entgegen: «Siemens hat die nötigen Ressourcen. Wenn bei der Inbetriebnahme etwas nicht klappen sollte, sind in kurzer Zeit Spezialisten vor Ort.»