Krebs kann immer erfolgreicher behandelt werden – auch dank hochpräzisen Bestrahlungsgeräten. Die Varian Medical Systems Imaging Laboratory GmbH entwickelt Geräte, mit denen auch Tumore bestrahlt werden können, die sich mit der Atmung bewegen, wie zum Beispiel Lungenkrebs. Alle Komponenten der Maschinen werden umfangreichen Tests unterzogen – der Scalance W774-1 Access Point von Siemens hat sie alle bestanden.
Die grossen Maschinen, die hinter dicken Mauern im Labor der Varian Medical Systems Imaging Laboratory GmbH in Baden-Dättwil stehen, können Leben retten: Sie geben ionisierende Strahlung auf einen Tumor ab, damit dessen Zellen absterben. Immer bessere Geräte tragen dazu bei, dass die Heilungschancen immer grösser werden.
Bewegte Tumore sind besonders schwierig
Bei einer Strahlentherapie soll eine möglichst hohe Strahlendosis auf den Tumor wirken und gleichzeitig das umgebende, gesunde Gewebe so wenig wie möglich belastet werden. Tumore, die sich bewegen, sind dabei eine spezielle Herausforderung. Benjamin Wyrsch, Hardwareentwickler bei der Varian Medical Systems Imaging Laboratory GmbH, erklärt: «Tumore in der Lunge zum Beispiel können für die Behandlung nicht still gehalten werden, da sich der Brustkorb beim Atmen hebt und senkt – der Tumor bewegt sich mit.» Zudem ist das Herz oft nah am Bestrahlungsfeld. Auf dieses kritische Organ soll wenn immer möglich keine Strahlendosis abgegeben werden.
Varian hat das Bestrahlungsgerät «TrueBeam» entwickelt, das nur dann Strahlung abgibt, wenn der Tumor sich an einem zuvor definierten Ort befindet. Für die Behandlung hilft es, wenn der Patient gleichmässig atmet. Dies ist jedoch oft schwierig, da viele Patienten nervös oder ängstlich sind. Deshalb stellt Varian auch ein sogenanntes Visual Coaching Device (VCD) her, ein Tablet, auf dem der Patient seine eigene Atembewegung verfolgen kann.
Die Anforderungen an den Access Point sind ähnlich hoch wie für Geräte, die in der Raumfahrt zum Einsatz kommen.Benjamin Wyrsch, Hardwareentwickler bei Varian Medical Systems Imaging Laboratory GmbH
Drahtlos ins System eingebunden
Das VCD ist drahtlos mit dem System des Bestrahlungsgeräts verbunden. «Eine Kamera erfasst die Atembewegung des Patienten», erklärt Wyrsch. Die Daten der Kamera werden an das VCD gesendet und dem Patienten in Echtzeit angezeigt. So kann der Patient seine Atmung besser kontrollieren, er kann tiefer, flacher, schneller oder langsamer atmen. Sein Brustkorb bewegt sich so, wie das Ärzteteam es für eine gezielte und exakte Behandlung vorgesehen hat. «Der Medizintechniker installiert das VCD an einem Arm, den er an der Liege befestigt», erklärt Wyrsch. Ist dies für den Patienten nicht optimal, ist auch die Anbindung einer Virtual-Reality-Brille möglich.
Strahlungstolerante Komponenten
Für die Kommunikation mit dem VCD setzt Varian seit 2018 Scalance W774-1 Access Points von Siemens ein. Als der Vertrag mit dem vorherigen Lieferanten auslief, suchten die Ingenieure eine neue Lösung. Die Anforderungen an den Access Point sind hoch: «Sie sind ähnlich wie die Geräte, die in der Raumfahrt zum Einsatz kommen», erzählt Wyrsch. Denn: Eine gewisse Streustrahlung lässt sich auch bei hochpräzisen Bestrahlungsgeräten nicht verhindern. Zudem treten als Nebenprodukt hochenergetischer Bestrahlung Neutronen auf. «Neutronen zerstören das Gerät nicht, sondern können einen Absturz verursachen», erklärt Wyrsch. «Dies darf bei unserer Anwendung aber natürlich nicht geschehen.» Der Access Point von Siemens bestand alle Tests, die Varian im Rahmen des Evaluationsverfahrens durchführte.
Die Software des Bestrahlungsgeräts weiss aus der Behandlungsplanung, wo genau im Körper der Tumor ist und welche Form er hat. Diese Information gleicht das Gerät während der Behandlung mit den Daten ab, die ihm die Kamera zur aktuellen Atmung des Patienten sendet. Immer, wenn sich der Tumor in der gewünschten Position befindet, gibt das Gerät eine Strahlendosis ab. Hustet der Patient, unterbricht die Anlage die Behandlung. «Die eigentliche Bestrahlung ist sehr schnell durchgeführt», sagt Wyrsch dazu. «Viel Zeit benötigen die exakte Lagerung und die präzise Ausrichtung des Patienten.» Dafür werden modernste Bildgebungssysteme verwendet – diese zu entwickeln ist ein weiterer Schwerpunkt der Varian am Standort in Baden-Dättwil.
Zuverlässig und vielerorts einsetzbar
Die Zusammenarbeit von Varian und Siemens hat sich schon in anderen Projekten bewährt. Genau wie Varian garantiert Siemens, dass ihre Produkte während 10 Jahren verfügbar sind. «Für uns ein ganz wichtiger Punkt», so Wyrsch. Denn eine Bestrahlungsmaschine ist für jede Klinik eine grosse Anschaffung. «Die Spitäler müssen sich darauf verlassen können, dass die Maschine eine lange Lebensdauer hat und die Komponenten lange zur Verfügung stehen.»
Da Kliniken auf der ganzen Welt Bestrahlungsmaschinen von Varian kaufen, müssen auch die eingesetzten Komponenten international zugelassen sein. «Es war wichtig für uns, dass der Access Point von Siemens für die meisten Länder, in die Varian exportiert, bereits zugelassen war», sagt Wyrsch dazu. Wo Varian zusätzliche Zulassungen anstrebt, teilen sich die beiden Unternehmen auf.
Nur einen einzigen Kritikpunkt zum Access Point führt Wyrsch an: «Er wurde für Industrieumgebungen entworfen und passt von seinem Erscheinungsbild her nicht in die medizinische Umgebung.» Doch auch hier fand sich eine gute Lösung, erzählt er: «Ein anderer Partner von Varian stellt Gehäuse her, mit denen wir das Gerät abdecken können. Damit sieht es jetzt auch gut aus.»