Hoch dynamisch, präzise und flexibel
Über Kombination zur Innovation – das war für die Schmale Maschinenbau GmbH aus Altena in Nordrhein-Westfalen der entscheidende „Dreh“ bei der Neuentwicklung der hoch produktiven und sehr flexiblen Biegeanlage mit dem bezeichnenden Namen SPEEDMAX. Ein perfomanter Motion-Controller von Siemens koordiniert dabei den dynamischen Antriebsverband hoch dynamisch, präzise und flexibel.Alles daran ist auf maximale Geschwindigkeit ausgelegt, von der Programmierung über die Produktion bis zum Produktwechsel. Der neue Ansatz verbindet die Vorteile frei programmierbarer Fingerbieger, wie man sie von flexibel nutzbaren, CNC-gesteuerten Drahtbiegemaschinen kennt, mit denen eines schnellen Transfersystems klassischer, schieberbasierter Biegemaschinen für höchste Ausbringung. Die Sauerländer haben beides erstmals in einer Rundtaktmaschine mit 20 Stationen vereint. Die Kombination von Fingerbiegern und Drehpositionierzangen ermöglicht dabei hohe Freiheitsgrade, so dass sich die Teile nahezu beliebig drehen und in mehreren Ebenen bearbeiten lassen. Der eigenständige Rundtransfer bedient bei jedem Takt alle Stationen gleichzeitig und ermöglicht eine Ausbringung von bis zu 200 Teilen pro Minute.
Bei längerer Taktzeit können an jeder Station auch mehrere Biegungen absolviert, beziehungsweise Teile geprägt, gefügt oder auf der Maschine magaziniert werden. Letzteres war auch eines der Kernziele der Neuentwicklung: Die Schmale Maschinenbau GmbH als renommierter Hersteller spezieller Drahtbiegeteile suchte eine flexible Lösung mit deutlich höherer Ausbringung und wollte vor allem das bislang nachträglich umgesetzte Magazinieren integrieren. Außerdem sollten abwechselnd rund 20 verschiedene Teilevarianten in unterschiedlichen Losgrößen wirtschaftlich herstellbar sein. Schmale Maschinenbau hat die Herausforderung angenommen und gemeinsam mit Partnern eine performante Lösung entwickelt.
Servoantriebsverband für Flexibilität und Dynamik
Die anspruchsvollen Vorgaben waren nur mit einem hohen Automatisierungsgrad zu erreichen. Elektronische Servomotoren treiben nun sämtliche beweglichen Anlagenteile an. Rundtakttisch, Fingerbieger und Spannzangen sind frei programmierbar. Für einen flexiblen vollautomatischen Betrieb der montagefertigen Teile sind auf engstem Raum rund 90 Servoachsen untergebracht und koordiniert.Um bei der Verarbeitung von Draht mit bis zu vier Millimeter Durchmesser maximale Dynamik auf minimalem Einbauraum zu erreichen, wurden kompakte Servomotoren (weiter)entwickelt und auf Highspeed getrimmt. Gemeinsam mit Siemens wurde diese an das skalierbare Antriebs-/Umrichtersystem SINAMICS S120 angebunden. „Damit können wir jede Antriebslösung kostenoptimiert umsetzen“, sagt Vertriebsleiter Andreas Goseberg.
An allen Stellen ohne diese extremen Anforderungen sind Servomotoren SIMOTICS S-1FK verbaut. So sorgen beispielsweise zwei elektronisch miteinander gekoppelte Servomotoren für hoch dynamisches Beschleunigen und Abbremsen des Rundtransfers. „Um dabei Probleme mit Resonanzen sicher ausschließen zu können, haben wir mit den Antriebsspezialisten von Siemens eine spezielle Variante der Drehzahl- und Drehmomentenkopplung umgesetzt. Diese gewährleistet bei jeder Geschwindigkeit eine definierte Vorspannung der einen Achse zur anderen und damit einen ruhigen, harmonischen Lauf“, so Johannes Graf, Leiter des Steuerungsbaus bei Schmale.
Der digitale Systembus DRIVE-CLiQ der Siemens-Antriebskomponenten spart zusätzliche Sensor-Module im Schaltschrank (SMC) und die Motorparameter lassen sich über elektronische Typenschilder automatisch und fehlerfrei auslesen, was die Inbetriebnahme und Wechsel vereinfacht und beschleunigt.
Motion Control modular – skalierbare Antriebs-Performance nach Maß
Ein um 15 SINAMICS Control Units CU320-2 PN/DP erweiterter Mehrachscontroller SIMOTION D455-2 sorgt als Kopfsteuerung für ein perfektes Zusammenspiel aller Antriebsachsen. Sämtliche Achsen sind im elektronischen Kurvenscheibengleichlauf an eine virtuelle Leitachse gekoppelt, die als Master die Maschinengeschwindigkeit vorgibt. Die individuell veränderbare Kopplung gewährleistet bei jeder Geschwindigkeit eine optimale Abstimmung aller Anlagenteile zueinander und ermöglicht schnelle, sauber verschliffene Bewegungen sowie einen ruhigen, harmonischen Lauf.
Das Motion-Control-System kommuniziert über PROFINET mit IRT (Isochronous Realtime) und das PROFISAFE-Protokoll mit einer fehlersicheren Steuerung (F-CPU) in der Aufbauform des dezentralen Peripheriesystems SIMATIC ET200S. Die F-CPU überwacht unter anderem die Not-Halt-Systeme sowie den Zugang zum Sicherheitsbereich der Anlage über Lichtschranken. In den Control Units des Antriebsverbands umgesetzt sind antriebsrelevante Sicherheitsfunktionen wie Safe Torque Off (STO) und Safe Stopp (SS1), was zusätzliche Sicherheits-Hardware und Verdrahtungsaufwand erspart.
Einfach komfortabel bedienen und beobachten
Ein Muss an derart komplexen Anlagen ist für Schmale Maschinenbau eine möglichst einfache und komfortable, grafisch gestützte Bedienung über SIMATIC Touch-Panels. Das Unternehmen hat dafür sein bewährtes Konzept auf die SPEEDMAX portiert und angepasst, dabei die grundlegende Bedienphilosophie fortgeführt.Das HMI-System (Human Machine Interface) unterstützt den Bediener beim Erstellen und Editieren von Biegeprogrammen. Er kann sich dabei am Bauteil orientieren und Maße sowie Biegeradien direkt aus der Zeichnung in eine Bildmaske eingeben – das SIMOTION-System berechnet daraus eigenständig alle erforderlichen Bewegungsdaten. Es berücksichtigt dabei in einer Datenbank hinterlegte Werkzeugdaten. Bereits erstellte Programme können geladen, dupliziert und einfach angepasst werden. Darüber hinaus vereinfacht auch das Einblenden von Bewegungskurven zusammengehöriger Achsen (Spannzange/Biegefinger) die Programmierung. Im Störungsfall kann der Bediener bei Bedarf am Panel auch die gesamte Bedienungsanleitung aufrufen und Fehler schnell beheben.
Vielfach höhere Produktivität möglich
Aktuell fertigt die Anlage einen Artikel mit „nur“ 12 Biegungen, bringt dabei jedoch in jedes Teil einen Befestigungsnagel ein. Dabei konnte die Ausbringung im Vergleich zu bisherigen Lösungen mehr als verdoppelt werden. Sehr viel nachträglichen Aufwand und damit Kosten erspart zudem das integrierte Magazinieren der fertigen Teile in Kunststoffträgern.
“Schieberbasierte Biegemaschinen sind per se schon deutlich schneller als CNC- Biegemaschinen. Der SPEEDMAX ist aber – je nach Aufgabe – etwa zwei- bis dreimal so schnell wie eine schieberbasierte Biegemaschine. Vorteil von CNC-Maschinen gegenüber schieberbasierten Anlagen ist der schnelle Werkzeugwechsel. Der SPEEDMAX bietet aufgrund seiner Konstruktion ebenfalls genau diesen Vorteil beim Produktwechsel“, sagt Vertriebsleiter Andreas Goseberg.
Das Prinzip ist auf weitere Anwendungen übertragbar
Dass das Prinzip perfekt funktioniert, unterstreichen bereits mehrere Millionen gefertigter Biegeteile. Das hat sich auch in anderen Branchen herumgesprochen, so dass der Altenaer Maschinenbauer bereits eine SPEEDMAX-Variante für Drähte und Rohre mit einem Durchmesser von acht bis 12 Millimeter konstruiert und eine weitere für mittlere Durchmesser von vier bis acht Millimeter plant. „Beide stellen keine extremen Anforderungen hinsichtlich Trägheitsmoment und Einbauraum, so dass wir darin durchgängig die bevorzugten Standard-Ausführungen der SIMOTICS S-Motoren von Siemens einsetzen können“, so Andreas Goseberg. Auch Bänder lassen sich darauf bearbeiten, was zu weiteren Anwendungen führen wird.
Die Ausbringung konnte im Vergleich zu bisherigen Lösungen mehr als verdoppelt werden.