Dieser Beitrag stammt aus dem CNC4you-Magazin 1/2021.
Praxisnah digitalisieren
Wie wird das oft als abstrakt empfundene Thema "Digitalisierung" konkret? Dem Auftragsfertiger hilft hier ein Perspektivwechsel - hin zu Fragen wie "Wo will ich mich schrittweise verbessern?" und "Wie können digitale Prozesse dabei helfen?"
Sieht sich daraufhin die einzelnen Module der Siemens "CNC Shopfloor Management"-Software an (und daraufhin, wie sie der Arbeitsvorbereitung nutzen), dann wird der Praxisbezug der CNC-bezogenen Digitalisierung unmittelbar deutlich.
„Was kostet das und bis wann können Sie liefern?"
Der Druck auf Auftragsfertiger steigt weiter – nicht zuletzt durch Angebotsplattformen im Internet. Wer im Wettbewerb bestehen will, muss schnell Angebote abgeben können. Vieles lässt sich belastbar schätzen, doch bei komplexen Aufträgen werden vielfach noch Probeteile gefräst. Die moderne Alternative: Simulation am digitalen Zwilling der Maschine. Der Vorteil: Es wird kein Material verbraucht und keine Maschine mit unbezahlten Arbeiten belegt.
Simulation ist in der CNC-Welt eine vertraute Technik - auf der CNC selbst, und auch am PC: Schon lange können Auftragsfertiger mit SinuTrain NC-Programme und Werkzeugwege identisch zur Sinumerik programmieren, simulieren und trainieren.
Doch es gibt weitere Fortschritte. Mit Sinumerik One kann jeder Maschinenhersteller neben der Programmieroberfläche der Sinumerik auch eine 3D-Simulation der gesamten Maschine mit Arbeitsraum, Spannmitteln und Werkzeugen mitliefern. Diese Geometriedaten sind die Basis realistischer 3D-Simulationen.
Die neueste Steuerung Sinumerik One bietet einen virtuellen NC-Kern für CAM-Systeme. Für ältere Steuerungen wie die Sinumerik 840D sl waren Optionen wie Run MyVNCK verfügbar. Durch die Integration des NC Kerns in ein CAM-System basiert die CAM-Bauteilsimulation auf dem finalen G-Code der Maschine und wird mit den realen Maschinenparametern und dem 3D-Maschinenmodell verknüpft. Funktionen des CAM-Systems wie Werkzeug- oder Spannmittelverwaltung ergänzen dieses realistische Modell.
So lassen sich über Simulationen am digitalen Zwilling Kalkulationen und Angebote erstellen – deutlich schneller und deutlich belastbarer als dies bisher der Fall war. Die Offlineprogrammierung gibt auch bei komplexen Bauteilen und Prozessen die Antworten zu Kosten und Laufzeiten, für die man bisher Maschinen hätte blockieren müssen – die Investition zahlt sich schnell aus.
Wann ist die Maschine frei?
Wer in der Arbeitsvorbereitung für eine termintreue Fertigung sorgen will, muss den aktuellen Zustand und die Verfügbarkeit seiner Maschinen kennen. Auch hier hilft Digitalisierung. Mit "Analyze MyPerformance /Monitor" werden Maschinendaten und manuelle Eingaben (Störgründe etc.) laufend und lückenlos erfasst. Alle planungsrelevanten Informationen liegen ohne Nachfragen und ohne Gang in die Werkstatt vor: Woran arbeiten die Maschinen aktuell? Wie effizient arbeitet die gesamte Fertigung?
Auswertungen von Taktzeiten, Stückzahlen oder Störgründen erlauben es zudem, Maßnahmen zur Verbesserung abzuleiten und pragmatisch umzusetzen.
Ein weiterer Aspekt ist der Wartungszustand. Wer vor einer 18-stündigen Bearbeitung steht oder bei hochpräzisen Werkstücken vor Überraschungen geschützt sein will, sollte den Zustand seiner Maschinen kennen. Mit "Analyze MyMachine /Condition" werden Daten zur Mechanik der Werkzeugmaschine erhoben. Messreihen erfassen Steifigkeit, Reibung, Umkehrspiel, Antriebsströme und weitere wichtige Maschinendaten. Hinweise auf zu erwartende Abweichungen der Maßhaltigkeit bis hin zum ungewollten Stillstand lassen sich aus dem Vergleich mit den Referenzdaten ermittelt. Vorbeugende Wartung wird möglich.
Werkzeugwissen
Stehen für den anstehenden Auftrag alle nötigen Ressourcen zur Verfügung? In welchem Zustand? Auf diese Fragen der Arbeitsvorbereitung gibt "Manage MyResources /Tools" Antworten. Alle Werkzeuge in den Maschinen, in der Messstation oder im Hintergrundlager werden optimal verwaltet – inklusive Korrekturdaten, um die Abnutzung von Werkzeugscheiden über ihren Lebenszyklus zu kompensieren. Nur wenn Standzeiten bekannt und transparent sind, lassen sich Rüstwechsel und NC-Programme optimal darauf abstimmen.
Ein weiteres Tool kann den Prozess direkt am Span verbessern: Gelegentlich werden Werkzeuge über durch ehrgeizig angesetzte Vorschubwerte zu stark belastet. Viel häufiger aber werden die Möglichkeiten von Maschinen und Werkzeugen nicht ausgereizt und die Auftragsfertiger verschenken aus übertriebener Vorsicht Geschwindigkeits- und Effizienzreserven. Die Software "Adaptive Control" passt den Vorschub automatisch an die tatsächlichen Schnittbedingungen an und bremst, wenn das Werkzeug in das Material eintaucht oder wenn die Daten auf eine Überlastung hinweisen. In neuen Maschinen mit Sinumerik One lässt sich "Optimize MyMachining /AC Auto" von Beginn an integrieren. So werden die NC Programme automatisch optimiert.
Schritt für Schritt digitalisieren
Die Beispiele zeigen, wie viel mit der Sinumerik "CNC Shopfloor Management"-Software in der Praxis möglich ist. Angefangen bei der Auftragssimulation auf der virtuellen Maschine reichen die Möglichkeiten bis hin zu Optimierungsprogrammen, die mit Echtzeitdaten arbeiten. Jedes Modul, jeder Optimierungsschritt kann als eigenes überschaubares Projekt angegangen werden, mit ebenso überschaubarem Inverstitionsbedarf. Und jedes dieser Projekte wird dabei helfen, unproduktive Nebenzeiten zu reduzieren und die Effizienz des Betriebs zu steigern.
Ob man es dann später Digitalisierung, Modernisierung oder Optimierung nennt, ist für die Praxis unerheblich.
Fazit
Sinumerik One signalisiert einen Paradigmenwechsel. Digitale Zwillinge auf Basis des Softwareportfolios Create- und Run MyVirtual Machine ermöglichen die von Herstellern und Anwendern gesuchten Produktivitätssteigerungen bei Herstellung und Betrieb von Werkzeugmaschinen.
Sinumerik One – „Bring ideas to life”.