Die Demokratisierung der Krebstherapie

Einen Anstieg von fast 50 Prozent bis zum Jahr 2040, das erwartet die American Cancer Society für die weltweite Krebsbelastung. Einer der Gründe dafür ist die Tatsache, dass in vielen Gesellschaften nur ausgewählte Patienten eine erstklassige Krebsversorgung erhalten - weil sie zeit- und kostenintensiv ist. Tobias Gass, Tomasz Morgas und Christopher Boylan von Varian, einem Unternehmen von Siemens Healthineers, haben zu einer Lösung beigetragen, die die Krebsbehandlung demokratisiert. Sie ermöglichen eine adaptive Strahlentherapie innerhalb des Standardzeitfensters der medizinischen Versorgung und werden als Siemens „Erfinder des Jahres 2021" in der Kategorie „Outstanding Invention" ausgezeichnet.

„Kliniker wünschen sich schon seit langem die Möglichkeit, Strahlentherapiebehandlungen effizient an die täglichen Veränderungen der Patientenanatomie anzupassen", erklärt Tomasz Morgas, Produktmanager bei SHS Clinical Solutions. „Ein adaptiver Behandlungsplan, der die täglichen Veränderungen berücksichtigt und die Dosisverteilung der Strahlentherapie anpasst, ermöglicht eine Reduzierung der Behandlungstoxizität und eine bessere Tumorkontrolle.“ Die Technologie, die solche adaptiven Behandlungspläne ermöglicht, heißt ETHOS Therapy. 

„Die ETHOS Therapy demokratisiert die moderne Krebsbehandlung durch effiziente Arbeitsabläufe, die durch Automatisierung ermöglicht und unterstützt werden", sagt Tobias Gass, Manager Treatment Session Adaptation bei SHS Adaptive Solutions. Gass und Morgas sind beide in Baden, Schweiz, ansässig. Das Team, mit dem sie zusammenarbeiten, ist auf fünf verschiedene Länder verteilt und besteht aus mehr als 130 Personen. 

Bei der jüngsten Verbesserung des ETHOS-Workflows arbeiteten Gass und Morgas eng mit Christopher Boylan aus Finnland zusammen. Während sich die Kollegen in Baden um den Workflow der Patientenmodellierung kümmerten, arbeiteten Christopher und sein Team in Helsinki an der Software zur Anpassung des Behandlungsplans in ETHOS. 

„Der Arbeitsablauf, den wir zusammen mit dem ETHOS-Team aus Baden entwickelt haben, leitet den Benutzer an", erklärt Christopher. Während der anfänglichen Planung erstellt ETHOS Therapy schnell mehrere maßgeschneiderte Pläne, die die möglichen Strahlendosisverteilungen und deren Übereinstimmung mit den klinischen Behandlungszielen zeigen. Jeden Tag wählt der Arzt dann den Plan aus, der seinen Vorstellungen entspricht: den ursprünglichen oder den angepassten. 

Die bahnbrechenden Verbesserungen, die ETHOS für die Standardbehandlung geeignet machen, sind die Genauigkeit, Geschwindigkeit und der intuitive Zugang zur Technologie. „ETHOS Therapy stellt dem Benutzer einfache Fragen", sagt Christopher Boylan, „und die Software stellt immer nur eine Frage auf einmal. Zum Beispiel: Ist das aufgenommene Bild akzeptabel? Wurde das Patientenmodell korrekt erstellt? Und dann wird die letzte Frage gestellt: Wollen Sie lieber wie geplant weitermachen oder die Therapie anpassen?" Durch solche Fragen werde der Benutzer sicher durch die Technologie geführt.

„Durch die Zusammenarbeit mit Klinikern, Forschern und Geschäftsführern konnten wir ihre Bedürfnisse verstehen und klare Ziele festlegen", sagt Tobias Gass. „Gemeinsam mit Tomasz und Chris und dem Team haben wir erörtert, wie die Technologie dazu beitragen kann, diese Bedürfnisse zu erfüllen. Wir haben das klare Ziel definiert, dass die adaptive Strahlentherapie in einem Standard-Behandlungszeitfenster möglich sein sollte."

Und das ist sie nun. „Wir sehen die ersten Anwender in Krankenhäusern, in denen die adaptive Strahlentherapie bisher überhaupt nicht verfügbar war", sagt Tomasz Morgas. Bislang hätten sie die Rückmeldung erhalten, dass sich die Nutzer in mehr als 80 Prozent der Fälle für den adaptiven Plan entscheiden. Er fügt hinzu: „Wir sehen das als Beweis dafür, dass das Konzept funktioniert. Und wir sehen auch die Art der Delegation von Befugnissen, die wir ermöglichen wollten: von Ärzten an Techniker. Das spart den Ärzten Zeit für Aufgaben, die ihr Fachwissen erfordern. "