Was Datenwelten im Innersten zusammenhält

Bahnbrechende Verbesserungen in der molekularen Bildgebung. Diagnostik für die Stromerzeugung. Ein Planungssystem für einen optimalen Stromfluss in Netzen, die mit einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien arbeiten. Oder ein optimiertes Energiemanagement für Gebäude. All diese Innovationen sind durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) möglich geworden. Amit Chakraborty ist ein KI-Innovator und Stratege, der zu Lösungen in all diesen Bereichen beigetragen hat. Er hat sich während seiner gesamten Karriere mit Daten beschäftigt. Für sein Lebenswerk wird er als Siemens „Erfinder des Jahres 2021" ausgezeichnet. 

„Ich arbeite nun schon seit mehr als 20 Jahren mit KI", sagt Chakraborty. Der Wissenschaftler arbeitet als Principal bei Siemens Technology in Princeton, USA. „In meinem Team machen wir übergreifend Gebrauch von KI. Der gemeinsame Nenner ist, dass wir - unabhängig davon, aus welcher Quelle die Daten stammen - diese mit dem industriellen Domänenwissen von Siemens kombinieren, um intelligente und neuartige Lösungen zu schaffen. Wir verbinden die physische und die digitale Welt, reale und simulierte Daten. " 

Amit bezeichnet seine Spezialisierung als „Physics-aware AI". Physics-aware AI bedeute die Nutzung von Domänenwissen, um KI-basierte Lösungen und Dienste zu verbessern. „Oft kann die zugrunde liegende Physik in Form von Differentialgleichungen beschrieben werden - innerhalb eines datengesteuerten Modellierungsrahmens“, erzählt Chakraborty. Dies reduziere den Datenbedarf und verbessere die Generalisierung und damit auch Wiederverwendbarkeit von Ansätzen. „Die Kodierung von Domänenwissen in unseren KI-Lösungen verschafft Siemens einen Wettbewerbsvorteil gegenüber unseren Konkurrenten, insbesondere den Hyperscalern. " 

Wenn Chakraborty über seine Karriere nachdenkt, betont er stets die Bedeutung der Teamarbeit. Oder, wie er es formuliert: „Ich trage gerne dazu bei, dass Menschen sich entwickeln können. Und ich hätte keines meiner Patente allein erreichen können.“ Die Menschen, mit denen er zusammenarbeitet, sind so unterschiedlich wie die Innovationsbereiche, zu denen er beigetragen hat. Sie kommen aus unterschiedlichen Domänen, jeder hat seine Spezialisierung, manch einer hat gerade seinen Abschluss gemacht, andere begleiten den Wissenschaftler schon seit vielen Jahren auf seinem Weg. 

Es gibt einen kurzen Moment in einem gemeinsamen Videotermin des Teams, der viel über Amit Chakraborty aussagt. Sridharan Palanivelu wird gefragt, wie lange er schon mit Amit zusammenarbeite, und - lächelnd - sagt er: „Seit mehr als 15 Jahren! Als ich diese Stelle antrat, war ich auch neu in den USA. Am ersten Wochenende hat Amit mich herumgeführt und mir geholfen, mich einzuleben. Ich werde seine Hilfe nie vergessen.“ Chakraborty beschreibt die Arbeit bei Siemens Technology als sehr bereichernd: „Man arbeitet mit so vielen Gruppen zusammen - es ist spannend, von so unterschiedlichen Perspektiven zu lernen. " 

Aber die Teamarbeit innerhalb von Siemens ist nicht alles. Amit Chakraborty baut laufend Allianzen mit Partnern in verschiedenen Märkten auf und veröffentlicht Beiträge in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Er ist ein aktives Mitglied der akademischen Gemeinschaft - und die wissenschaftlichen Veröffentlichungen liegen ihm sehr am Herzen: „Ich lese wirklich gerne wissenschaftliche Artikel. Das ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, neben dem Schachspielen oder dem Verfolgen der Nachrichten aus Politik und Finanzwesen.“ Er sieht seine berufliche Entwicklung mit der Entwicklung von Siemens und seinen Kunden einhergehen: „Ich habe in vielen Bereichen gearbeitet, und meine Arbeit war immer von den Bedürfnissen unserer Kunden inspiriert." 

Seine jüngsten Patente und Patentanmeldungen betreffen die aufstrebenden Bereiche des Deep Learning und der hybriden KI, einschließlich Anwendungen in den Bereichen Steuerung und Robotik, Simulation und additive Fertigung. Eines der aktuellen Themen, mit denen sich Amit Chakraborty beschäftigt, ist ein Projekt für Siemens Digital Industries Software. „Wir versuchen zu verstehen, wie die Energie für Autos mit Elektroantrieb optimal genutzt werden kann", erklärt der Erfinder, und man kann die Funken der Neugier in seinen Augen sehen, während er spricht. „Da Elektroautos eine begrenzte Batterieladung haben, fragen wir uns: Wie kann man den Fahrgastkomfort gewährleisten und trotzdem die Reichweite maximieren? Oder einfacher gesagt: Wie können wir es möglich machen, dass man im Winter die Heizung aufdreht, ohne die Reichweite des Autos signifikant zu verringern?" Erneut eine Frage der Kombination von KI mit Domänenwissen.