Der Mann, der Gebäude kommunizieren lässt

Die Daten aus einem Gebäude herausholen – das ist die zentrale Herausforderung für intelligente Gebäudetechnik. Der Grund dafür ist einfach: Viele Gebäude sind mit Systemen ausgestattet, die aus der Zeit vor dem IoT stammen. Diese älteren Systeme kommunizieren nicht. Chris Casilli hat eine Middleware Software entwickelt, die besonders gut darin ist, Daten aus älteren Systemen nahezu in Echtzeit herauszuholen. Sie entlockt den Gebäuden ihre Geheimnisse und bringt sie dazu, ihre Funktionen auf unsere Bedürfnisse einzustellen. Mit dieser Software – Middleware Services for Integrated Buildings, kurz MSIB – werden Gebäude IoT-tauglich. Middleware-Software agiert zwischen Geräten und Betriebssystemen und der Cloud; Sie vermittelt zwischen diesen und reduziert Komplexität. Für seine Erfindung wird Chris Casilli von Siemens Smart Infrastructure als Erfinder des Jahres in der Kategorie Herausragende Erfindung ausgezeichnet. Er besitzt fünf US-Patente für Gebäudeautomatisierungssysteme und intelligente Infrastruktur.

Die Erfindung von Chris Casilli ist eine wichtige Schlüsseltechnologie für den Schutz von Kundeninvestitionen: Ihr Einsatz ermöglicht über fünf Jahre gerechnet Einsparungen von rund 75 Millionen Euro gegenüber anderen Alternativen. „MSIB trägt den Anforderungen kleiner und großer Kunden Rechnung“, sagt Chris Casilli, „und lässt sich auch sehr gut skalieren. Mit MSIB können Gebäude zwischen 100 und 100.000 Datenpunkte beinahe in Echtzeit übertragen.“ MSIB helfe dem Betreiber, jeden Gebäudetyp insgesamt und bis ins letzte Detail zu steuern und zu überwachen. „Mit MSIB kann sogar eine große Community von integrierten intelligenten Häusern, die ihrerseits Systeme bilden, miteinander kommunizieren“, ergänzt Casilli.

Nach Angaben des Innovationsmanagement-Experten ist dies möglich, weil die Middleware-Software eine zeitnahe Zusammenarbeit von lokalen Daten des Gebäudeautomationssystems (BAS) und Webservice-Daten unterstützt. Zu diesem Zweck kommuniziert die MSIB-Anwendung direkt und auf fehlertolerante Weise mit laufenden Geräten, Panels und Punkten von Gebäudesystemen. Sie fungiert dann als Umgebung, die mehrere fehlertolerante virtuelle Knoten beherbergt. „Und hier spielt sich die Magie für den Kunden ab: Die Datennutzer können auf die virtuellen Panels statt direkt auf die Gebäudesysteme zugreifen – über IoT-fähige Schnittstellen.“

Seine Arbeit setze ein offenes Ohr für die konkreten Kundenbedürfnisse voraus, sagt Casilli. Viele seiner Kunden sind für kritische Infrastrukturen verantwortlich, zum Beispiel für Krankenhäuser oder Wasserwerke. Deshalb ist er gewöhnlich viel in der Welt unterwegs. „Ich reise dorthin und führe Gespräche, beispielsweise mit Gebäudemanagern oder Pflegepersonal und Ärzten, um mehr über ihre Bedürfnisse und Probleme zu erfahren.“ Casilli arbeitet eng mit Kollegen von Smart Infrastructure in Zug, Schweiz, zusammen. Gemeinsam arbeiten sie daran, dass die Gebäudesysteme die Bedürfnisse ihrer Nutzer bestmöglich erfüllen. „Manchmal kommen die Anfragen ganz spontan und in Zeiten wie jetzt, in denen man nicht reisen kann“, sagt Casilli. „Als Covid-19 beispielsweise in der ersten Jahreshälfte 2020 die Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenze brachte, hörten wir ihnen über unsere Online-Tools zu, um so schnell wie möglich ein System zur Unterstützung des medizinischen Personals im Alltag zu entwickeln.“

Die bahnbrechende Idee für MSIB hat Casilli in harter, konzentrierter Arbeit entwickelt. Casilli kommt aus der Elektrotechnik und Informatik und fängt, wie er sagt, gerne bei null an, „auf einem leeren Blatt Papier und mit frischem Blick“. Er analysiert alle vorhandenen Technologien und lotet die Grenzen bei einem bestimmten Problem aus. Sobald er ein Problem in seiner ganzen Tiefe verstanden habe, suche er mithilfe neuester Technologien nach alternativen neuen Lösungen. Und am Ende stehe ihm ein neuer Ansatz klar vor Augen: „Ich wollte für unsere Anwendungsfälle die Technologie nutzen, auf der die Programmiersprachen von Telefongesellschaften strukturell aufbauen. Wir haben die Technologie dann mit unserem Branchenwissen über intelligente Gebäude und IoT-Konnektivität kombiniert und sind so bei der Entwicklung unseres Produkts einen großen Schritt vorangekommen.“