So einfach wie mit Minecraft
Die Verbindung von CAD, VR und ultraschnellen Optimierhilfen gamifiziert die Produktentwicklung.
Konstruktionswerkzeuge für den virtuellen Raum haben das Potenzial, herkömmlichen Bildschirmlösungen den Rang abzulaufen. Durch den spielerischen Zugang tun sich Produktentwickler mit ihnen nicht nur leichter. Kombiniert mit einer interaktiven Optimierungshilfe kommen sie auch schneller ans Ziel. Das zeigen Tests mit einem neuen Konstruktionswerkzeug von Siemens Corporate Technology. Die Probanden benötigten damit von der Idee bis zum seriösen Entwurf nur noch Minuten statt Stunden oder Tage.
Benjamin Rüths Testergebnisse unterstreichen einmal mehr, dass neue Produkte künftig wohl weitgehend im virtuellen Raum entwickelt werden. Der Informatikabsolvent der Technischen Universität München hat in seiner Masterarbeit mit Probandentests untersucht, in welchem Umfeld eine Konstruktionsaufgabe am schnellsten gelöst wird. Der virtuelle Raum hat dabei klar das Rennen gemacht. Mit konventionellen Konstruktionsprogrammen benötigten die Probanden deutlich mehr Zeit.
Ultraschnell optimieren
Grundlage für Rüths Tests war ein von Siemens Corporate Technology entwickeltes Konstruktionswerkzeug, das Computer-Aided Design (CAD) und Virtual Reality (VR) verbindet. Es umfasst zwar nur 20 Funktionen. Bei konventionellen Konstruktionsprogrammen können es bis zu 1000 sein. „Um in der Vorentwicklung eine Idee schnell auszutesten, reicht dieser Funktionsumfang aber allemal“, versichert Theo Papadopoulos, der das Entwicklungsprojekt bei Siemens verantwortet. „Natürlich sind die Entwürfe dadurch zunächst etwas grob. Das Werkzeug enthält aber einen ultraschnellen, interaktiven Konstruktionsoptimierer, den wir vor ein paar Jahren entwickelt haben. Aus dem Grobentwurf entsteht so im Handumdrehen ein seriöser Konstruktionsvorschlag, den man im Expertenkreis diskutieren kann.“
Spielerisch konstruieren
Die reduzierte Komplexität und die Optimierungshilfe sind nicht der einzige Grund, warum das neue Werkzeug die Konstruktionsgeschwindigkeit steigert. Rüths Tests zeigen, dass auch die innere Einstellung der Probanden großen Einfluss darauf hat, wie schnell sie zum Ziel kommen. Virtual Reality wird von vielen als Spiel betrachtet. Bei Rüths Probanden - allesamt keine erfahrenen Konstruktionsexperten - hat dies ganz offensichtlich dazu geführt, dass sie sich im virtuellen Raum deutlich offener und spontaner bewegt haben als vor einem flachen Bildschirm. Der seriöse Auftritt konventioneller Werkzeuge macht Angst, Fehler zu machen. „Die Gamifizierung der Konstruktion im virtuellen Raum wirkt dagegen entspannend“, erklärt Papadopoulos. „Hier ist alles so einfach wie bei Minecraft.“
Echtzeitnah entwickeln
Nachdem das neue Werkzeug die Tür geöffnet hat, aus Konstruktionsideen im Nu optimierte Konstruktionsvorschläge zu entwickeln, müssen nicht mehr erst hunderte Entwürfe mit konventionellen Simulations- und Optimierungswerkzeugen durchgerechnet werden, um unter diesen schließlich eine finale Wahl treffen zu können. „Dieser Aufwand ist nur noch für eine Handvoll Entwürfe erforderlich“, betont Papadopoulos. Wieviel Entwicklungszeit das spart, zeigen nicht nur Rüths Tests, sondern auch die Erfahrungen mit konkreten Konstruktionsaufgaben. „Letzthin haben wir für einen Halter, mit dem ein Sensor an einem Motor befestigt wird, nach einer gewichtsoptimierten Konstruktion gesucht,“ erzählt Papadopoulos. „Auf herkömmliche Weise hätte uns das einen halben Tag beschäftigt. Mit dem neuen Werkzeug waren wir nach fünf Minuten fertig. (fk)
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