Emojis aus der Industrieanlage
Eine benutzerfreundliche App könnte künftig auf dem Smartphone anzeigen, ob Maschinen und Anlagen optimal arbeiten. Dafür kombinieren die Forscher Augmented Reality (AR) mit dem Industrial Internet of Things (IIOT) in einem dezentralen Netzwerk. Der Clou ist die Darstellung: Alles okay oder Alarm – den aktuellen Betriebszustand drücken Emojis aus. Den Prototypen namens SIEMoji hat Siemens Corporate Technology mit der Technischen Universität München entwickelt.
Rund 36 Jahre, nachdem Scott Fahlman, damals Forscher für Computerwissenschaften an der Carnegie Mellon University, mit dem Smiley den ersten Emoji erfunden hat, könnten die kleinen bunten Sticker jetzt Einzug in Industrie- und Fertigungshallen halten. Dies ist beispielhaft für einen Trend, der sich nach Ansicht von Jochen Nickles generell durchsetzen wird: Systeme werden mehr auf die Nutzer zugeschnitten, weniger auf die Maschinen. Ebenfalls sehr benutzerfreundlich ist die Technologie der Augmented Reality (AR). In Bilder der realen Umgebung werden digitale Inhalte geladen, die dem Nutzer helfen, sich besser in einer bestimmten Situation zurechtzufinden, sei es nun bei der Bedienung komplexer Geräte, in einem Computerspiel oder in einem Museum.
Augmented Reality wird Mitarbeiter dazu befähigen, den Spalt zwischen physischer und virtueller Welt schneller zu schließen.
Den Spalt zwischen physischer und virtueller Welt schließen
„Augmented Reality wird Mitarbeiter dazu befähigen, den Spalt zwischen physischer und virtueller Welt schneller zu schließen“, ist Jochen Nickles überzeugt. Er arbeitet für das CCT Connectivity and Edge Devices (siehe nebenstehenden Kasten). Hier geht es darum, Systeme und Komponenten an die sich ständig in hohem Tempo verändernden Rahmenbedingungen im Industrial Internet of Things (IIoT) anzupassen. „Mittlerweile ist ein großer Teil von Maschinen in komplexen Industrieanlagen mit jeweils eigenen Geräten für die Verbindung zum IIoT versehen“, erklärt Nickles. Hier setzt die App an: Sie soll zusätzlich zu Anzeigen an den Geräten – die oft nur für Experten sofort lesbar sind – schneller und einfacher Auskunft über deren Zustand geben. Im Hintergrund muss für so einen Ansatz applikationsspezifische Kommunikation ad hoc aufgebaut werden. Corporate Technology arbeitet hierzu an einem Collaborative IoT Framework, das auch für die SIEMojis zum Einsatz kam.
Das Smartphone hat sowieso jeder immer dabei
Deswegen stand für Studierende und den Siemens-Forscher auch schnell fest, dass das Smartphone das am besten geeignete Gerät ist, „denn das hat jeder sowieso immer bei sich“, so der CCT-Experte. So sieht das Szenario aus: Betritt der Mitarbeiter die Maschinenhalle, sucht die App selbstständig das lokale IIoT-Netz und verbindet sich. Der Mitarbeiter hält dann seine Handykamera auf die Anlage. Die Software erkennt alle IIoT-Geräte – also etwa an Pumpen, Motoren oder Sensoren – und identifiziert sie, beispielsweise mittels QR-Code oder mithilfe von LEDs. Anschließend liest sie die Daten der Geräte aus und analysiert sie. „Dafür verwendet die App vorinstallierte Datenmodelle“, sagt Nickles. Die Ergebnisse der Analyse stellt die App bildlich dar – direkt im Display des Smartphones, dessen Kamera gerade das betreffende Gerät aufnimmt. Lacht das Emoji, weiß der Mitarbeiter, dass der Motor korrekt funktioniert. Wenn Handlungsbedarf besteht, sieht er einen Emoji mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Das kann dann beispielsweise bedeuten, dass der Stromverbrauch außergewöhnlich hoch ist. Sieht das Emoji gar entsetzt aus, heißt das: Ein Gerät funktioniert überhaupt nicht mehr.
Die Vorteile des IIoT ausschöpfen
Schnelle Auswertung der Daten und übersichtliche Anzeige der Informationen: Nur wenn das gegeben ist, sind die Vorteile des IIoT nach Ansicht von Experten auch tatsächlich auszuschöpfen. „Informationen müssen maßgeschneidert sein, ohne dass der Engineering-Aufwand explodiert“, erklärt Franz Josef Menzl, CTO der Business Unit Factory Automation der Division Digital Factory. Apps wie SIEMojis hält er deswegen für zukunftsträchtig. „Die Komplexität von Anlagen wird ständig zunehmen“, sagt Menzl. Trotzdem müssen Mitarbeiter immer den aktuellen Zustand kennen. „Die Idee, das mit Emojis zu visualisieren, ist clever. Denkbar wären auch Verkehrszeichen oder Ähnliches, Hauptsache, jedermann versteht die Symbolik.“ Entscheidend sei die Technologie dahinter, also die Verbindung zwischen den IIoT-Geräten, dem lokalen Netzwerk und der Analysesoftware.
Nickles und die Studierenden fühlen sich durch Menzl bestätigt, die App weiterzuentwickeln. „Unser Prototyp ist ein vielversprechender Ansatz, Mensch und Maschine einander näherzubringen“; ist Nickles überzeugt.
16.07.2018
Katrin Nikolaus
Das Industrielle Internet der Dinge (IIoT) will eine vollständig vernetzte Industriewelt schaffen, in der Geräte selbstständig wissen, was zu tun ist, und miteinander interagieren, indem sie Informationen austauschen. Die möglichst nahtlose Integration der physischen Welt in IT-Systeme soll die Produktivität steigern und neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Unverzichtbare Grundlage ist dabei der Datenaustausch zwischen den unterschiedlichen Ebenen innerhalb der Unternehmen einerseits und zwischen Kunden, Lieferanten, Dienstleistern und anderen am Fertigungsprozess Beteiligten andererseits. Hierfür entwickeln Experten in den Divisionen und Spezialisten von Corporate Technology im Rahmen der Company Core Technology (CCT) Connectivity and Edge Devices Blaupausen für Architekturen. Diese können eine durchgehende Konnektivität für Milliarden von Geräten herstellen. Komplexe Aufgaben können so nicht nur in der Cloud, sondern auch auf den Geräten ausgeführt werden. Andere CCTs beschäftigen sich mit Additive Manufacturing, Künstlicher Intelligenz, digitalen Zwillingen, verteilten Energiesystemen oder Blockchain. Diese und weitere für Siemens entscheidende Zukunftstechnologien treiben Forschung, Geschäft und Strategie gemeinsam voran.
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