Klein, aber oho!

Galliumnitrid in der Leistungselektronik

Kleinantriebe, sogenannte Micro Drives, kommen dann zum Einsatz, wenn automatisiert etwas bewegt, positioniert oder verarbeitet wird. Inzwischen sind sie mitunter echte Zwerge, mit nur ein paar Zentimetern Größe. Möglich wird das durch neue Leistungselektronik.

„Wir sehen eine zunehmende Nachfrage nach Kleinantrieben, besonders im Bereich der kleinen Leistungen“, sagt Johannes Fürst. Er ist Produktmanager bei Siemens Digital Industries (DI). „Servo-Antriebssysteme für kleine Spannungen, sogenannte Schutzkleinspannungen von 24 oder 48 Volt (‚extra low voltage‘) müssen präzise Bewegungen ermöglichen, dürfen nur wenig Platz wegnehmen, und sie müssen hohen Sicherheitsstandards entsprechen.“ Siemens bietet seit Kurzem eine neue Generation von Mini-Antrieben an: Die aktuell performanteste Lösung ist nur zwei Zentimeter breit und benötigt keine extra Kühlung.

Schlüsselkomponente Umrichter

Möglich machen solche Kleinantriebe entscheidende Neuentwicklungen in der Leistungselektronik. Ein wichtiges Bauteil im Antrieb ist der sogenannte Umrichter. Umrichter verändern Wechselspannung – ihre Form, Frequenz und ihre Amplitude. Exakte Wechselspannung, die sich in Sekundenbruchteilen genau anpassen lässt, ist die Voraussetzung dafür, dass die Motoren sich genau steuern lassen.

„Anstelle der bislang verwendeten Halbleiter Silizium (Si) oder Siliciumcarbid (SiC) verwenden wir bei der neuen Umrichter-Generation von Siemens Galliumnitrid (GaN), ein Material, das bislang nicht für Halbleiter in der Antriebstechnik zum Einsatz kam“, sagt Fürst. „In unsere Entwicklung arbeiten wir eng mit den Kollegen aus der Forschung (Siemens Technology) zusammen.“

Idee eines Open Innovation Wettbewerbs

Die Siemens – Forscher hatten vor einigen Jahren Tapas, ihren ersten IoT-fähigen, durch Software gesteuerten Universalumrichter auf Galliumnitrid-Basis, vorgestellt. Auch wenn schon klar war, dass Tapas vielfältig sein würde, fehlten damals noch die konkreten Anwendungen. Deshalb wurde 2018 die Tapas Community Challenge gestartet, ein Open-Innovation-Wettbewerb, in dem kreativen Köpfen aus ganz Europa diese neue Hardware zur Verfügung gestellt wurde und sie eingeladen wurden, damit zu arbeiten und zu forschen. Der Wettbewerb war ein großer Erfolg. Mehrere tausend Tapas-Boards wurden verteilt und über 200 teils enorm kreative Ideen – über Energie, Audio, Gesundheit, Antriebe, Materialanalyse und vieles mehr – wurden eingereicht.

Durchbruch für den neuen Halbleiter in der Antriebstechnik

„GaN macht völlig neue Anwendungen möglich und die Challenge hat dem neuen Halbleiter den Durchbruch in der Antriebstechnik verschafft,“ sagt Andreas Gröger, bei der zentralen Technolgieabteilung. Der Experte für Leistungselektronik (Power Electronics) und Elektrische Energiespeicher (Electrical Storage) hatte seinerzeit die Challenge mit initiiert und die Weiterentwicklung mit der Fabrikautomatisierung von Digital Industries vorangetrieben. Auch Johannes Fürst ist zufrieden: „Wir können so den Kunden ein Produkt bieten, das sich – modular, skalierbar und IoT-fähig – einfach an Kundenbedürfnisse anpassen lässt. Natürlich passt es auch zu den Siemens-Produkten Simatic und MindSphere.“  

Sandra Maria Wild, Oktober 2020

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