IoT-Crawler

Eine Suchmaschine für das Internet der Dinge

Crawler kennen wir aus der Web-Welt als effiziente Suchmaschinen-Bots, wie sie zum Beispiel Google verwendet. Sie „durchkrabbeln“ das gesamte sichtbare Web und indizieren die Inhalte. In einem internationalen Forschungsprojekt ist nun etwas Vergleichbares für das Internet of Things (IoT) entstanden: der „IoTCrawler“. Siemens entwickelte dabei einen Prototyp zum Auffinden von flexiblen Stromerzeugern bzw. – verbrauchern.

 

Wenn im Stromnetz Über- oder Unterlastsituationen entstehen, also gerade zu wenig oder zu viel Strom erzeugt bzw. verbraucht wird, dann müssen die Netzbetreiber gegensteuern, um Störungen zu vermeiden. „Bislang werden solche Schwankungen durch Kraftwerke oder Industrieverbraucher ausgeglichen“, erläutert Andreas Fernbach von der IoT-Forschungsgruppe bei Siemens Österreich. „In Zukunft sollen für diesen Ausgleich auch dezentrale Elemente, sprich, die große Masse an Haushalten einbezogen werden. Etwa große Heimbatteriespeicher, Wallboxen zum Aufladen von Elektroautos, Photovoltaik-Wechselrichter und Wärmepumpen.“ Jeder Haushalt, der das will, kann also mit seinen Verbrauchern bzw. Erzeugern an den Marktmechanismen teilnehmen und zur Stabilität des Stromnetzes beitragen. Dazu müssen der Steuerung die teilnehmenden Ressourcen vorab bekannt gemacht werden. Aus diesem Pool werden dann, je nach Bedarf und Verfügbarkeit, die passenden Geräte herausgesucht und zum richtigen Zeitpunkt aktiviert.

Forschungsprojekt für ein IoT-Google

Im internationalen Forschungsprojekt „IoTCrawler“ wurde ein technischer Rahmen für die effiziente Suche von Geräten im IoT geschaffen, der mit verschiedenen Anwendungen funktioniert und in Zukunft eine universelle Plattform für skalierbare Discovery-Anwendungen unter Einhaltung von Sicherheits- und Datenschutzvorgaben darstellen soll. „Als Voraussetzung für das Crawler-Framework mussten zuerst die in Frage kommenden IoT-Assets definiert und integriert werden. Anders als im Internet machen sich die Suchobjekte im IoT bei der Suchmaschine nicht aktiv bemerkbar – die verschiedenen Assets müssen vorher beschrieben werden, damit die auf den Crawler aufbauenden Applikationen verstehen, welche Auswahlmöglichkeiten mit welchen Eigenschaften es überhaupt gibt, bevor die Indexierung erfolgen kann“, erklärt Josiane Xavier Parreira von der Siemens-Forschung in Österreich.

Die IoT-Suchmaschine bildet eine Basis, auf der verschiedene Applikationen aufsetzen können. „Je nach Anwendungsfall unterscheiden sich auch die IoT-Assets mit denen geforscht wird – bei uns waren es Flexibilitäten in elektrischen Netzen. Bei anderen Anwendungen sind es Luftgütesensoren, Maschinenlaufzeiten oder freie Parkplätze“, so Xavier Parreira, die das Projekt für Siemens leitete.

Ontologien und Knowledge Graphen

„Das IoT-Crawler-System verwendet Ontologien und Knowledge-Graphen, um die Asset-Landschaft zu erkennen und zu verstehen – gängige Methoden, um Wissen und Zusammenhänge zu beschreiben. Die Ontologien beschreiben die relevanten Assets und stellen so sicher, dass alle Beteiligten das gleiche Verständnis von ihnen haben – etwa ist eine Batterie eine Komponente, die eine Kapazität besitzt und eine Maximalleistung, mit der geladen werden darf. Mit Knowledge- Graphen werden die inhaltlichen Zusammenhänge dargestellt und strukturiert. Grafisch dargestellt sieht das dann ähnlich aus wie ein U-Bahn-Netz oder wie Mindmaps. Methodisch wichtig ist auch die semantische Anreicherung der Daten, das heißt die Zuordnung von aussagekräftigen Bedeutungen etwa zu Sensorwerten wie physikalische Größe oder Verlässlichkeit“, so Xavier Parreira weiter. Auch Machine-Learning-Methoden kamen in dem Projekt zur Anwendung: Diese wurden dafür eingesetzt, um aus dem durch die Sensoren generierten Datenstrom höhere Abstraktionsniveaus abzuleiten. 

Wie kommen die Dinge ins Internet?

Stellt sich noch die Frage: Wie kommen überhaupt die Dinge ins Internet, um das Internet der Dinge zu bilden? Am Beispiel des Siemens-Use-Case beantwortet Fernbach die Frage so: „Sinnvoll ist es, die bereits bestehende Herstellerinfrastruktur zu nutzen. Produzenten etwa von PV-Wechselrichtern oder Batteriespeichern haben bereits eine Monitoringinfrastruktur etabliert, d.h. die Geräte sind bereits im Internet und liefern Daten an Hersteller. Über diesen Weg kann man auf einen bestimmten Pool an Assets zugreifen“, erklärt Fernbach.

 

Als Open Source verfügbar

Die IoT-Crawler-Komponenten wurden nach Projektende der Open-Source-Community zur Verfügung gestellt. Teilweise werden die Use-Case-Konzepte der Partner weiterverfolgt. Der im Projekt von Siemens geschaffene Prototyp steht nun weiteren internen Projekten und Forschungsvorhaben zur Verfügung. Das entwickelte Use-Case-Szenario wird für weitere Anwendungsfälle bei Siemens geprüft. „Wir haben die Suchfunktionalität so weit entwickelt, dass sie nun auch für andere Anwendungsdomänen zur Verfügung steht“, so Projektleiterin Xavier Parreira abschließend.

Christian Lettner (hi!tech), Oktober 2021

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