Augenblicklich zum perfekten Design
Analyse unwillkürlicher Augenbewegungen für personalisiertes Design
Menschliche Augen zeigen messbar unterschiedliche Reaktionen, abhängig davon wie sehr den Betrachtern gefällt, was sie sehen. Eine Forschungsstudie zeigt, dass man die Reaktionen von Probanden so interpretiere kann, dass man Ihnen in Sekundenschnelle optimale personalisierte Produkte anbieten kann.
Wenn die Weihnachtsgeschenke endlich ausgepackt werden dürfen und lang gehegte Wünsche in Erfüllung gehen, dann springt die Freude den Beschenkten förmlich aus den Augen. Sie scheinen zu strahlen oder zu leuchten.
Tatsächlich verraten unsere Augen recht genau, was uns gefällt – und nicht nur dann, wenn wir das absolute Hammergeschenk in Händen halten. Auch bei eher alltäglichen Anlässen betrachten wir zum Beispiel die Sachen, die wir schön finden, im Allgemeinen länger als andere. Dabei weiten sich unsere Pupillen etwas. Forscher der Siemens Forschungseinheit Technology untersuchen zurzeit, wie sich diese unwillkürlichen Augenreaktionen nutzen lassen, um Benutzern optimale personalisierte Produkte anzubieten.
Studie für das schönste T-Shirt
„In unserer ersten Studie, haben wir ein Verfahren entwickelt, wie sich die Benutzer ihr perfektes T-Shirt designen können“, erläutert Theo Papadopoulos von Siemens Technology. „Die Benutzer können wählen, zwischen drei unterschiedlichen Stoffen, acht unterschiedlichen Farben, vier verschiedenen Designs des aufgedruckten Logos und sechs unterschiedlichen Farbealternativen für das Logo. Insgesamt können sie also zwischen 576 (3∙8∙4∙6) unterschiedlichen Designs wählen. Mit unserem Ansatz geht das in weniger als einer Minute.“
Papadopoulos demonstriert seinen Versuchsaufbau: Ein Standard-Laptop und ein sogenannter Eye-Tracker – ein kleines kommerzielles Gerät, etwa so lang und doppelt so dick wie ein Kugelschreiber, das die Augenbewegungen registriert, aber darüber hinaus keine Gesichtsdaten speichert. Wer sich ein T-Shirt wählen möchte bekommt zunächst ein Bild gezeigt, das alle Stoffalternativen zeigt. „Der Eye-Tracker registriert, wie der Betrachter auf die unterschiedlichen Muster reagiert. Er erfasst zum Beispiel, wie lange und wie oft ein Bild angeschaut wird. Diese Daten werten wir aus und nach wenigen Sekunden wissen wir, welche der Alternativen der Betrachter mit hoher Wahrscheinlichkeit am meisten mag.“ Anschließend werden auf die gleiche Weise die Farbe und die anderen Designmerkmale des T-Shirts bestimmt.
83 Prozent absolut zufrieden
Bei den Teilnehmern der T-Shirt-Studie war dieses Eye-Tracking-Verfahren bemerkenswert erfolgreich: 83 Prozent der Teilnehmer waren absolut zufrieden mit ihrem neuen T-Shirt und weitere 10 Prozent der Teilnehmer waren immerhin noch einigermaßen zufrieden und nur 7 Prozent unzufrieden. „Bei einem kommerziell genutzten Verfahren müssten die Unzufrieden und Halbzufrieden natürlich die Möglichkeit haben, die Auswahl, die aufgrund ihrer Augenbewegung getroffen wurde, aktiv nachzubessern“, sagt Dirk Hartmann, ebenfalls von Siemens Technology. „Für unsere Studie sind 83 % Treffer allerdings ein super Erfolg, der zeigt, dass es sich lohnt hier weiterzuarbeiten.“
Potenzial für jedes personalisierte Produkt
Möglichkeiten für dieses Verfahren gibt es genug, auch wenn Siemens wohl auch in Zukunft keine T-Shirts anbieten wird. „Wir sehen überall dort Potenziale, wo Kunden eine personalisierte Auswahl treffen und die Möglichkeit besteht, dass sie durch eine Fülle von unterschiedlichen Freiheitsgraden und Parametern eher überfordert als bereichert werden. Möglichkeiten sehen wir auch, auf diese Weise automatisiertes Design-Engineering zu unterstützen. Automatisch generierte Designs wirken auf Menschen mitunter absurd – selbst, wenn sie mathematisch gesehen die Idealform bilden, die zum Beispiel besonders stabil ist. Mit unserer generative Design Methode, können wir auch automatisiert Designs schaffen, die auch von Menschen angenommen werden“, sagt Papadopoulos.
„In unserer nächsten Studie zu diesem Thema, wollen wir die Mitarbeiter von Technology dazu einladen, das Innenarchitekturdesign unseres neuen Forschungsstandorts, der in Garching in der Nähe der Technischen Universität entsteht, mitzugestalten. Mit Hilfe von Eye-Tracking werden die Teilnehmer ihre Lieblingsarbeitsumgebung schaffen.“
Dort zu arbeiten ist dann fast so schön wie Weihnachten.
Aenne Barnard, Dezember 2020
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