Wegweisende Messtechnik für die Prozessindustrie

Mit einer neuen Messtechnologie wird es künftig in der petrochemischen Industrie möglich sein, die Zusammensetzung von Gasströmen in Echtzeit zu messen und zu regeln. Damit ließen sich Produktionsanlagen feiner aussteuern, die Produktqualität genauer einstellen und die Ausbeute erhöhen.

 

Ziel eines Forschungsprojekts war die Entwicklung eines Demonstrators zur Analyse von Kohlenwasserstoff-Gasgemischen. Das Projekt mit Namen iCspec (in-line Cascade Laser Spectrometer for Process Control) wurde im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020 dreieinhalb Jahre gefördert und lief im September 2018 aus. Siemens koordinierte ein Konsortium aus acht europäischen Partnern. Der fertiggestellte Demonstrator auf Basis eines Laserspektrometers wurde erfolgreich in einer Raffinerie von Preem, Schwedens größter Mineralölgesellschaft, getestet. Dabei wurde die Zusammensetzung eines Gasgemisches aus Methan, Ethan, Propan, n-Butan, iso-Butan, n-Pentan und iso-Pentan kontinuierlich bestimmt.

 

Bisher erfolgen Analysen meist mit Gaschromatographen. Bis die Ergebnisse vorliegen, dauert es jedoch einige Minuten. Mit einem Laserspektrometer dagegen, wie er nun in Preem getestet wurde, lässt sich direkt im Gasstrom oder an einer Bypass-Leitung in Echtzeit messen. Mit drei Sekunden Ansprechzeit unterstreicht der iCspec-Demonstrator eindrucksvoll die Echtzeitfähigkeit der laserbasierten Multikomponenten-Gasanalyse. Die Lasertechnik verursacht einen geringeren Betriebsaufwand als ein Gaschromatograph, der regelmäßig kalibriert werden muss. Laserspektroskopie nutzt die Tatsache, dass jedes Molekül Licht ganz bestimmter Wellenlängen absorbiert. Zwar gibt es bereits Laserspektrometer, die einzelne Moleküle registrieren, aber bisher fehlt eine Lösung, die viele technische Gase gleichzeitig erfasst.

Mit einem Laserspektrometer, wie er in Preem getestet wurde, lässt sich direkt im Gasstrom oder an einer Bypass-Leitung in Echtzeit messen.

Dafür braucht man eine Laserquelle, die idealerweise den geforderten infraroten Fingerprint-Bereich abdeckt. In dem neuen Spektrometer werden Module mit Halbleiterlaser-Arrays eingesetzt, die so angesteuert werden können, dass sowohl spektral scharf begrenzte Absorptionslinien als auch breite Absorptionsbanden untersucht werden können. Die Entwicklung der Laserquellen lag in Händen der französischen Partner CEA (Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives) und mirSense, der Politechnika Wrocławska, Polen, sowie der Universität Würzburg und der nanoplus Nanosystems and Technologies GmbH.

 

Gänzlich neue Möglichkeiten für Mess- und Inspektionstools

Siemens Corporate Technology und das polnische Unternehmen Airoptic entwickelten die Spektrometer-Technologie und erarbeiteten Verfahren für die Auswertung der Messdaten. Letzteres birgt besondere Herausforderungen, weil die Messungen Absorptionsspektren von einer Vielzahl unterschiedlicher Moleküle liefern, die sich zum Teil überlagern und die präzise separiert werden müssen.

 

Der Demonstrator misst die Zusammensetzung der Gaskomponenten bei der Destillation von Rohöl in einer Raffinerie. Die neue Technologie ist jedoch nicht auf diese Anwendung beschränkt, sondern ermöglicht zum Beispiel auch die Messung der Emissionen mit nur einem statt wie bisher mit verschiedenen Messgeräten. Auch für die Analyse von Flüssigkeiten oder Feststoffen sind Laserquellen den heute in Spektrometern verwendeten Glühstrahlern deutlich überlegen. Aufgrund ihrer höheren Intensität dringt Laserstrahlung viel tiefer in die zu vermessenden Stoffe ein und liefert so mehr und präzisere Informationen in kurzer Zeit. Das eröffnet Möglichkeiten für innovative Mess- und Inspektions-Tools, die weit über die Möglichkeiten der heutigen Technik hinausreichen.

09.10.2018

Norbert Aschenbrenner / Rainer Strzoda

 

 

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