Eine wasserdichte Lösung

Alles im Fluss: Weltweit steigt der Bedarf an qualitativ hochwertigem Wasser. Zugleich macht der demografische Wandel neue Strukturen erforderlich. Klare Argumente für ein digitales Datenmanagement, findet Wasser-Experte Oliver Goldbach von Siemens.

Weniger als ein Prozent des Wassers auf der Erde ist als Trinkwasser direkt nutzbar. Dementsprechend wichtig ist es, schonend und zukunftsorientiert mit dieser und anderen wertvollen Ressourcen umzugehen: Energieverbrauch soll optimiert und Wasserverlust vermieden werden.

 

Vorausschauende Planung, Wartung und Instandhaltung von Anlagen bilden dafür die Basis. Die Vorteile einer integrierten Datenmanagementlösung liegen dabei klar auf der Hand: Werden Daten aus unterschiedlichen Quellen, beispielsweise aus Sensoren und Wasserverbrauchszählern, digital miteinander vernetzt, können sie den gesamten Lebenszyklus der Anlage nahtlos abbilden. 

 

Wir sprachen mit Oliver Goldbach, Sales Executive bei Siemens, über die Chancen, die sich durch digitale Lösungen bieten.


Herr Goldbach, bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass integrierte Lösungen zwar gewünscht, aber längst nicht immer gegeben sind. Was bedeutet das für die Wasserwirtschaft?

Oliver Goldbach: Tatsächlich sind wasserwirtschaftliche Anlagen immer noch stark durch eine Datensilo-Kultur geprägt. Die Folge ist, dass sich Informationen nur schwer übersichtlich darstellen und pflegen lassen. 

 

Außerdem ist das Wissen über Prozesse und Zusammenhänge oft stark an Personen gebunden. Das ist ein großes Problem für Länder wie Deutschland oder Österreich: Bei den Anlagenbauern und -betreibern steht hier ein Generationenwechsel bevor. Das heißt, neue Kollegen kommen und erfahrene Kollegen nehmen ihr Wissen mit in den Ruhestand. 

 

Auch aus diesem Grund müssen Unternehmen einen Weg finden, um dieses Wissen in Daten zu verwandeln, die sich einfach und zukunftssicher verwalten und pflegen lassen.

Unternehmen müssen einen Weg finden, um Wissen in Daten zu verwandeln, die sich einfach und zukunftssicher verwalten und pflegen lassen.
Oliver Goldbach, Sales Executive bei Siemens

Einen solchen Weg verfolgt Siemens mit seinem Konzept „From Integrated Engineering to Integrated Operations“. Welche Vorteile bietet diese Lösung?
 

Goldbach: Kernstück unseres Konzepts ist die Softwarelösung Comos als zentrale Engineering- und Datenmanagement-Plattform. Hier werden alle Daten einheitlich gespeichert und laufend über den gesamten Anlagenzyklus aktualisiert. So entsteht schon in der Engineering-Phase ein digitales Abbild der Anlage, mit dem sich Planung, Inbetriebnahme, Betrieb und Instandhaltung optimieren lassen. 

 

Um etwas auszuholen: Ausgangssituation sind viele, voneinander abhängige Planungsschritte, an denen unterschiedlichste Fachdisziplinen (Gewerke) beteiligt sind. Diese erstrecken sich über Verfahrenstechnik, Maschinenbau, EMSR-Technik (Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) bis hin zur Software-Entwicklung. Dabei greift jedes Gewerk auf verschiedene Methoden und Werkzeuge zurück. Vereinheitlicht mit Comos lassen sich einzelne Planungsschritte innerhalb des Anlagen-Engineerings besser verteilen und parallel bearbeiten. Projektpläne werden dabei komprimiert und der Übergang zum operativen Betrieb verläuft schneller. Die Anlagendokumentation bleibt dabei aktuell und konsistent, auch während der Betriebsphase. 

 


Nach der Planungsphase wird die Anlage in Betrieb genommen. Das bedeutet einen Wechsel von den Planungswerkzeugen hin zum Prozessleitsystem und zur Instandhaltungs- und Wartungs-Management-Lösung. Wie kann ein integrierter Ansatz die Wasserwirtschaft dabei unterstützen?
 

Goldbach: Hier sehen wir einen wesentlichen Schlüssel zu mehr Effizienz. Oft werden Daten noch umständlich von einem System ins nächste eingepflegt. Durch die Integration von Engineering und Prozessleittechnik können die Daten, die bereits während des Engineerings erhoben wurden, einfach weiterverwendet und mit Betriebsdaten ergänzt werden. Ohne einen zusätzlichen, zeitaufwendigen und vor allem auch fehleranfälligen Schritt. 

 

Der Datenaustausch ist dabei in beide Richtungen möglich. Dadurch lassen sich Änderungen jederzeit nachvollziehen. Verbesserungen an der Anlage können mit der Software einfach erfasst und dokumentiert werden, sodass die Informationen in der Datenbank immer den aktuellen Anlagenzustand wiedergeben. 

 

Im Zusammenspiel mit Simit kann die Inbetriebnahme virtuell simuliert werden. Durch diesen weiteren Schritt werden manuelle und damit fehleranfällige Operationen und Schnittstellen im Planungsprozess rechtzeitig eliminiert, sodass Wiederholungen und Nacharbeiten entfallen. Das sichert nicht nur die Kostenersparnisse, sondern auch die Qualitätssteigerung in Automatisierungsprojekten im Wassersektor. Mit der Kombination dieser Lösungen entsteht das digitale Abbild der Anlage… 


… also ein digitaler Zwilling?
 

Goldbach: Genau. Dieser digitale Zwilling basiert auf der Grundlage der zusammengeführten Daten von Comos und Simatic PCS 7, sprich Engineering sowie Operations und ermöglicht durch Simit die Simulation der Inbetriebnahme, der Automatisierung bzw. einzelner Prozessschritte. Damit kann ein effizientes und vor allem ganzheitliches Anlagenmanagement gewährleisten werden.

 


Welche Herausforderungen gibt es bezüglich der Datenintegration bei Bestandsanlagen, den sogenannten Brownfield-Projekten?
 

Goldbach: Brownfield-Anlagen müssen Schritt für Schritt modernisiert werden, damit sie den Ansprüchen der “Wasserwirtschaft 4.0” genügen. Das ist eine echte Herausforderung: Die entsprechenden Daten sind oft nicht in digitaler Form vorhanden, unvollständig oder veraltet und können deswegen nicht ohne Weiteres genutzt werden. In Kooperation mit Bentley Systems bieten wir Kunden die Möglichkeit, bestehende Assets der Anlage mit Context Capture digital zu erfassen. So werden die Daten verifiziert und der Anlagenbetreiber erhält ein aktuelles dreidimensionales Abbild seiner Anlage.

 


Welche Erfahrungen haben Unternehmen aus der Wasserwirtschaft bereits mit digitalen Lösungen gemacht?
 

Goldbach: Mittlerweile haben schon einige Wasserversorger und -entsorger erste Lösungen für ein integriertes Datenmanagement implementiert. Die Erfolge können sich sehen lassen: Die Betreiber freuen sich über geringere Betriebskosten, höhere Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Prozesse sowie eine einfachere Dokumentation der Prozess- und Wasserqualität. Die Dokumentation wird ja auch in ausführlicher Form von den Behörden gefordert. 

 

Aktuell setzt Siemens weltweit Projekte um, bei denen die Anlagendaten in ein zentrales Managementtool überführt und dazu die Anlagenplanung und -automatisierung integriert werden sollen. Dass wir dabei unterstützen können, freut uns natürlich und ist ein Schritt in die richtige Richtung. So wird die Wasserwirtschaft globale Herausforderungen langfristig meistern können.

 

15.05.2018

Die Softwarelösung Comos legt alle Daten einer Anlage zentral und objektgebunden auf einer gemeinsamen Datenbank ab. Dadurch können Planer, Betriebspersonal und Instandhaltung jederzeit auf einen konsistenten Datenstand zugreifen. Comos lässt sich leicht auf unterschiedliche Anwendungen und Anlagengrößen skalieren und ermöglicht zudem moderne Ansätze wie die virtuelle Inbetriebnahme und Simulation.

Comos reduziert die Anzahl papierbasierter und manueller Prozesse und unterstützt

  • den lückenlosen Informationsfluss von projektrelevanten Daten über den gesamten Lebenszyklus,
  • das verteilte und parallele Bearbeiten von Aufgaben innerhalb eines Projekts,
  • den einfachen Wissenstransfer,
  • eine fundierte Entscheidungsfindung anhand aktueller, belastbarer Daten,
  • eine optimierte Instandhaltung sowie
  • die effiziente Modernisierung und Erweiterung einer bestehenden Anlage.

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