Elektrische Rennautos, die Rekorde brechen
Akademischer Rennstall entwickelt innerhalb weniger Monate elektrische Rennautos, die Rekorde brechen.
Rennen der Formel 1 begeistern live am Ring und bei weltweiten Live-Übertragungen ein riesiges Publikum. Weitaus weniger bekannt ist die Formula Student. 1981 von der Society of Automotive Engineers gegründet, ist die Formula Student der weltgrößte Wettbewerb für Ingenieure. Mehr als 600 Teams von Universitäten aus aller Welt treten in 18 Rennen mit selbst entwickelten und gebauten Boliden gegeneinander an. Anders als bei den meisten anderen Autorennen geht der Sieg nicht notwendigerweise an den Fahrer in dem Fahrzeug, das nach einer bestimmten Anzahl Runden als erstes die Ziellinie überquert. Zusätzlich zu dynamischen Wettbewerben wie Beschleunigungsrennen, Kreisfahrt und Autocross-Qualifying sowie einem Ausdauerbewerb über 22 km müssen die Teams statische Bewertungen bestehen, bei denen sie ihr Fahrzeug und dessen Entwicklung präsentieren.
Wir finden es besonders hilfreich, mit dem Simcenter-Portfolio von Siemens PLM Software an jeder Stelle im gesamten Entwicklungsprozess unsere Konstruktionen überprüfen zu könnenLeiv Andresen, CEO von AMZ
Eine Jury von prominenten Vertretern aus Wirtschaft, Automobilindustrie und Profi-Rennsport beurteilt dabei die Konstruktion, den zugrunde liegenden Geschäftsplan und die Finanzplanung sowie die Produktion. Der Akademische Motorsportverein Zürich (AMZ) wurde 2006 von Studierenden der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich gegründet. Als erstes Schweizer Team der Formula Student nimmt er jedes Jahr an Wettbewerben in ganz Europa teil. Im Zeitraum 2013 bis 2016 gewann das Team acht von 16 Bewerben und im Juni 2016 stellte ihr Rennwagen «grimsel» einen Weltrekord auf. Er beschleunigte von 0 auf 100 km/h in 1,513 Sekunden. Zum Vergleich: Das schnellste Serienautomobil braucht dazu 2,2 Sekunden.
Entwicklungsherausforderung Personalfluktuation
Der Verein bietet Studierenden Gelegenheit, ihr erworbenes theoretisches Wissen mit hoch komplexem Engineering in einem offenen, kameradschaftlichen Umfeld praktisch umzusetzen. Dabei sammeln sie Erfahrung auf den Gebieten Führung, Innovation und Qualitätsmanagement, Kostenanalyse, Projekt und Produktdokumentation sowie Risikosteuerung. Sie entwickeln hunderte Teile für jedes der Autos. «Das erstreckt sich sogar auf die Reifen und Elektromotoren», sagt Leiv Andresen, CEO des AMZ. «Handelsübliche Motoren wurden geschaffen, um viele Anforderungen zu befriedigen und stellen daher immer einen Kompromiss dar. Wir entwickeln unsere Motoren für die spezifischen Anforderungen unserer Autos. So erreichen wir eine maximale Leistungsdichte: Die vier Motoren bringen je 50 PS Leistung und wiegen dabei nur knapp drei Kilogramm.»
Das AMZ-Team lässt die meisten Teile von Partnern anfertigen, produziert jedoch zentrale Komponenten wie das Monocoque-Chassis aus Kohlefaserverbundstoff selbst. Deren Herstellung sowie die Montage der Rennwagen erfolgt an zwei vom Institut für virtuelle Produktion der ETH Zürich Manufacturing zur Verfügung gestellten Werkstätten. Getestet werden die Fahrzeuge auf verschiedenen Flugplätzen in der Schweiz.
Jeweils 35 aktive Mitglieder des AMZ Teams entwickeln das Rennauto für die bevorstehende Formula Student Saison. Als Studierende der ETH Zürich und der Hochschule Luzern stoßen sie im September mit dem Ziel zum Team, das einsatzfertige Fahrzeug Ende Mai öffentlich zu präsentieren und vier im Juli und August stattfindende Wettbewerbe zu gewinnen. Obwohl Mitglieder früherer Teams sie dabei mit Wissen und Erfahrung unterstützen, stellt die Bewältigung einer Aufgabe mit der Komplexität einer völligen Automobil-Neuentwicklung mit einem gänzlich neu zusammengestellten Team innerhalb weniger Monate eine einzigartige Herausforderung dar.
Nahtlos integriert
Für Entwurf und Überprüfung sowie technische Dokumentation verwenden die AMZ-Mitglieder seit Jahren eine Reihe von Softwareprodukten des Produktlebenszyklusmanagement-Spezialisten (PLM) Siemens PLM Software.
«NX ist das zentralste Werkzeug für unsere Konstruktion. Wir profitieren sehr von der tiefen Integration aller Lösungen von Siemens PLM Software in NX», sagt Andresen. «Wir können Simcenter 3D innerhalb der NX-Umgebung starten. Dass wir uns nicht mit unterschiedlichen Bedienoberflächen vertraut machen müssen, erspart uns eine Menge Zeit und Fehler.»
Da die leichten, leistungsstarken Autos ständig an den Grenzen der Physik rühren, ist die Kontrolle und Überprüfung der Konstruktion in sämtlichen Phasen der Entwicklung dieser Fahrzeuge enorm wichtig. «Wir finden es besonders hilfreich, mit Simcenter 3D an jeder Stelle im gesamten Entwicklungsprozess unsere Konstruktionen überprüfen zu können», führt Andresen aus.
«Wir nutzen die Software Simcenter 3D Motion für Mehrkörpersimulationen und führen mit NX Nastran Festigkeitsanalysen sowie mit der Software Star-CCM+ Strömungssimulationen durch.» Unter Verwendung dieser Software optimieren die AMZ-Mitglieder die Aerodynamik der Autos. Star-CCM+ bietet die Möglichkeit, Strömungen zu simulieren und erlaubt ihren Anwendern, Druckverteilungen zu exportieren. Die Simulationsergebnisse werden nach NX reimportiert. So stehen allen am Entwicklungsprozess Beteiligten aktuelle Informationen über die Bauteilbelastungen für die Optimierung der Geometrie zur Verfügung.
Herausforderungen
- Elektrische Rennautos in sehr kurzer Zeit von Null weg entwickeln
- Schnell wechselnde Studenten-Teams
- Fahrzeuggewicht minimieren Dokumentation für Teilefertigung durch externe Partner bereitstellen
Erfolgsfaktoren
- Digitalen Zwilling des gesamten Fahrzeugs erstellt
- NX für sämtliche Entwicklungsaufgaben genutzt
- Unter Verwendung des Simcenter-Portfolios für Finite Elemente Analyse, Mehrkörper- und Strömungssimulation Konstruktionen optimiert
Ergebnisse
- Nagelneues Rennauto innerhalb von acht Monaten entwickelt
- Von 2013 bis 2016 von 16 Wettkämpfen acht gewonnen
- Mit 30 Prozent besserer Beschleunigung als das beste Serienfahrzeug Weltrekord erzielt
08.08.2018
Bilderquellen: Stephanie Bergan
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