„Im Mittelpunkt stehen ­immer die Mitarbeiter”

Peter Čas verfolgt als Geschäftsführer des slowenischen P­remium-V­erpackungsglasherstellers Steklarna Hrastnik eine Digitalisierungs­strategie, die die Menschen in den ­Mittelpunkt rückt.

Herr Čas, was hat Sie vor gut einem Jahr gereizt, den Job bei Steklarna Hrastnik anzunehmen?

Peter Čas: Als ich im August 2017 hier begonnen habe, war ich sehr beeindruckt, wie ehrlich und konsequent hier die Mitarbeiter der Dreh- und Angelpunkt aller strategischen Überlegungen sind. In diesem Ansatz habe ich mich sofort wiedergefunden und lebe ihn weiter.

 

Wie äußert sich dies im Alltag?

Peter Čas: In erster Linie durch gute Arbeitsbedingungen, große Wertschätzung, laufende Weiterbildung, ein bereichs- und hierarchieübergreifendes Miteinander sowie attraktive Aufgaben im Zuge von Industrie 4.0. Das ist die Basis, damit wir die Herausforderungen eines Premiumanbieters in der Nische in Zeiten des digitalen Wandels gut bewältigen.

 

Welche besonderen Herausforderungen sind dies?

Peter Čas: Unsere Kunden haben die allerhöchsten Qualitätsansprüche an uns. Wir sind ja vor allem auch dafür bekannt, dass wir eine Reinheit beim Glas erzielen, die ihresgleichen sucht. Zu unseren lang­jährigen Auftrag­gebern zählen Weltkonzerne, ­Markenartikler, Händler und Handelsketten wie ­Bacardi ­Martini, Hennessy, ­Heineken, Villeroy & Boch, Sainsbury‘s und viele mehr. Zu 70 Prozent produzieren wir in punkto Form und Glasqualität höchst anspruchsvolle Flaschen für die Spirituosen- und Parfumindustrie, zu 30 Prozent edles Glasgeschirr wie Trinkgläser. Dabei konzentrieren wir uns hauptsächlich auf Europa. Weil wir allein bei den Glasver­packungen pro Jahr zirka 200 neue Produkte her­stellen und die Stückzahlen im Vergleich zu auf Masse ausgelegten Fabriken gering sind, müssen wir höchst flexibel agieren.

 

Welche weiteren Rahmenbedingungen zeichnen Ihr Geschäft aus?

Peter Čas: Trotz der vielen Sortenwechsel müssen wir unsere Kunden schnell bedienen. Sie müssen sich ­darauf verlassen können, dass sie zirka acht Wochen nach ihrer ersten Anfrage ihre Erzeugnisse in perfekter Qualität erhalten. Daher entwickeln wir in unglaublicher Geschwindigkeit die Designs oder übernehmen sie vom Kunden, stellen Produktmuster her und gehen dann umgehend in die Fertigung. Opera­tionale Exzellenz hat daher bei uns höchste Priorität, wir müssen in der Lage sein, Topqualität zu reproduzieren. Hinzu kommt, dass wir die Flaschen zudem teilweise hier im Haus veredeln und dekorieren.

Die Auftragsbücher sind voll, Sie scheinen an den richtigen Stellschrauben gedreht zu ­haben …

Peter Čas: Wir sind überzeugt, dass unternehmerischer Erfolg mit Ressourcenschonung einhergehen kann. Dies liegt unseren Kunden und uns sehr am Herzen, wir haben zahlreiche Programme dazu aufgelegt. In den vergangenen Jahren ist es uns dadurch gelungen, 16 Prozent an Energie einzusparen, 30 Prozent weniger Abfälle zu produzieren, 55 Prozent weniger Wasser zu verbrauchen, die NOx-Emissionen um 75 Prozent zu senken, in derselben Größe Staubpartikel zu reduzieren und unsere CO₂-Emissionen um 35 Prozent zu verringern. Dies führt zudem zu deutlich besseren Arbeitsbedingungen in der Fabrik und zu mehr Lebensqualität für die Bewohner in der Nähe. Die Region ist eng verbunden mit uns, 700 Leute arbeiten hier bei uns im Vierschichtbetrieb, das sind 30 Prozent der Einwohner von Hrastnik.

 

Wie wirkte sich all das zahlenmäßig auf die ­wirtschaftliche Entwicklung aus?

Peter Čas: Nimmt man alle Faktoren zusammen, über die wir in den vergangenen Minuten gesprochen haben, dann führte uns dies zu einem Umsatzwachstum von 50 Prozent seit 2009. Im Jahr 2010 stand noch ein Minus von 5,4 Millionen Euro unterm Strich, Ende 2017 notierten wir hingegen einen Gewinn von 7,7 Millionen Euro. Doch das ist hoffentlich erst der Anfang einer nach­haltig positiven Entwicklung.

 

Was stimmt Sie zuversichtlich?

Peter Čas: Dass wir eine der wichtigsten Weichen bereits frühzeitig gestellt haben. Wir haben 2016 angefangen, erste Ideen für eine Smart Factory zu entwickeln, dank Siemens haben wir diese Ansätze im Frühjahr 2018 gemeinsam weiterentwickelt und zu einer umfassenden Digitalisierungsstrategie ausgearbeitet. Das hätten wir alleine nicht geschafft. Zudem hätten wir ohne Siemens ein paar Fehler bei der Implementierung gemacht. Wir hatten im Vorfeld vier bis fünf Unternehmen unter die Lupe genommen und uns letztlich für Siemens für das „Digitalization ­Consulting“ entschieden. Das liegt ja nicht unbedingt auf der Hand, denn bis dato schätzten wir Siemens vor allem in der Rolle als Komponenten­lieferant für Automatisierungs- und Antriebstechnik in unseren Anlagen und Maschinen.

 

Was gab den Ausschlag?

Peter Čas: Gleich mehrere Faktoren. Zum einen war der Beratungsansatz von Siemens am professionellsten und am besten für uns geeignet. Das Team hatte einen klaren Plan vorgelegt, wie sie innerhalb von wenigen Wochen unsere internen Prozesse sowie die IT- und Operational Technology (OT)-Infrastruktur der Anlagen und Maschinen nebst Automatisierungsgrad analysieren und daraus systematisch Verbesserungspotenziale ableiten würden. Und das konsequent im Abgleich mit unseren Geschäftszielen. Zum anderen war auch hier die menschliche Komponente entscheidend. Mich hat beeindruckt, dass sich das gesamte Beratungsteam persönlich hier vorgestellt hat. Jeder Einzelne ist ein Experte auf seinem Gebiet, als Team ist die Expertise einmalig.

 

Was genau war in Ihren Augen einmalig?

Peter Čas: Nur in Siemens haben wir einen Anbieter ge­funden, der uns in Summe ein Team aus Leuten vorstellt, die glas- und branchenübergreifendes Know-how vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt mit Kompetenzen von der Feld- über die Automatisierungs- und Prozessführungs- bis in die Unternehmensleitebene mit ihren spezifischen IT-Anforderungen verbinden. Hinzu kamen fundierte Kenntnisse der Lifecycle-Integration sowohl auf der Produkt als auch auf der Anlagenebene.

 

Was war das wertvollste Ergebnis für Sie?

Peter Čas: Zu sehen, wie man voller Begeisterung zu­sammen in kürzester Zeit etwas Großartiges zustande bringt. Wir haben gegenseitig so viel von­einander gelernt, ich selbst habe an drei Tagen an den Workshops teilgenommen, damit strategische Entscheidungen schnell getroffen und entsprechende Richtungen weiter ausgearbeitet werden konnten. Das wertvollste Ergebnis im eigentlichen Sinne ist die Digitalisierungs-Roadmap als Teil des Reports. Dieses Werk ist beeindruckend, es kommt von Umfang und Tiefe einer Doktorarbeit gleich, ist aber in höchstem Maße praxistauglich.

Das wertvollste Ergebnis der Beratungsworkshops mit Siemens ist die Digitalisierungs-Roadmap.
Peter Čas, der Geschäftsführer, Steklarna Hrastnik

Verraten Sie uns Inhalte dieser Roadmap?

Peter Čas: Allgemein gesprochen wissen wir nun, wann wir welche Maßnahmen mit welcher Priorität umsetzen, wie alle Themen zusammenhängen, was wir dafür investieren müssen und wann sich die Investitionen amortisiert haben werden. Wir kennen nun zehn konkrete Projekte, vier davon haben höchste Priorität und sind bereits detailliert von Siemens ausgearbeitet worden. Konkret werden wir allein 2018 rund 13 Millionen Euro investieren. Gemäß Roadmap richten wir im ersten Schritt den Fokus auf unser OT-Netzwerk, die SCADA-­Integration, ein neues MES-System sowie eine ERP-Systemintegration. In zirka fünf Jahren werden wir eine Smart Factory im besten Sinne sein, in der wir dank Automatisierung und Digitalisierung verbesserte Prozesse und Ergebnisse vorweisen können. Aktuell haben wir ganz viele Datensilos und Automatisierungsinseln, wenig Vernetzung, es gibt keine gemeinsamen Datenmodelle vom Design bis zum Warenausgang. Zudem sollen alle digitalen Helfer unseren Mitarbeitern das Leben erleichtern.

 

Stichwort Mitarbeiter. Wie nehmen sie diese ­Veränderungen auf?

Peter Čas: Sehr positiv, weil wir den Nutzen für sie in den Vordergrund stellen, weil wir sie aktiv bei der Entwicklung einbinden. Auch in den Workshops mit Siemens. Nachdem wir nun die Maschinen vernetzen, geht es anschließend darum, die Mitarbeiter zu ­vernetzen. Alle sollen in flexiblen Teams zusammenarbeiten, jeweils orientiert am Kundenauftrag. Dieses Miteinander ist ein großer Gewinn.

 

Welche Unterstützung bieten Sie an?

Peter Čas: Neben internen Schulungen rund um digitale Transformation ist unser stärkster Trumpf das Mentoring. Wir haben aktuell 75 „Paare“, die sich gegenseitig befähigen. Die Jungen lernen von den Erfahrenen, die Erfahrenen von den Jungen. Abteilung x von Abteilung z. Steklarna Hrastnik wird dadurch ein noch attraktiverer Arbeitgeber, der dann sicherlich auch seine Kapazitäten ausweiten wird. Wir brauchen auf jeden Fall einen zusätzlichen Schmelzofen, wenn nicht sogar ein neues Werk in Europa.

5.10.2018

Picture credits: Siemens AG

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