Pharma: China setzt auf digitale Tierimpfstoff-Produktion

Impfstoffe haben in China eine lange Tradition: Schon im Jahr 200 v. Chr., so die Vermutung, wurden im Reich der Mitte die ersten Impfungen durchgeführt. Jetzt digitalisiert Jinyu Bio-technology als erstes Unternehmen in China die Herstellung von Tierimpfstoffen und setzt damit einen Meilenstein. Willkommen im neuen Zeitalter der intelligenten Fertigung.

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Impfstoffe zählen ohne Zweifel zu den größten Errungenschaften für die Gesundheit von Menschen und Tieren. Der erste moderne Impfstoff für den Menschen wurde in den 1790er-Jahren zum Schutz vor Pocken entwickelt; Tierimpfstoffe folgten in den 1870er-Jahren. Doch die Praxis der Impfung ist vermutlich schon wesentlich älter. Historiker fanden Belege dafür, dass in China schon im Jahr 200 v. Chr. Menschen gegen Pocken geimpft wurden. Nach heutigen Maßstäben erscheint das dabei angewandte Verfahren primitiv: Der Schorf von Pockenpusteln wurde pulverisiert und dann in die Nase geblasen oder in die Haut eingeritzt.

 

Seitdem wurden bei der Herstellung von Impfstoffen erhebliche Fortschritte erzielt. Heute umfasst der Prozess mehrere unterschiedliche Schritte von der Herstellung eines Antigens und seiner Isolierung vom Trägermedium über die Reinigung und das Hinzufügen von Hilfsstoffen bis zur Verpackung. Sich dabei nur auf manuelle Schritte zu verlassen, führt zu instabilen Ergebnissen, ist ineffiizient und sogar gefährlich. Als künftiger Betreiber von Chinas erster digitaler Fabrik zur Herstellung von Tierimpfstoffen schreibt Jinyu Bio daher Geschichte.

Höhere Zuverlässigkeit, bessere Rückverfolgbarkeit und größere Sicherheit

Was aber sind die Vorteile der Digitalisierung? Da ist zunächst die höhere Zuverlässigkeit, die aus der gegenüber manuellen Verfahren größeren Konstanz resultiert. „In einer Produktionsumgebung mit geringem Automatisierungsgrad können schon kleine Abweichungen im Prozessablauf zu einer instabilen Qualität mehrerer Impfstoffchargen führen“, erläutert Li Rong, Geschäftsführer Produktion bei Jinyu Bio. Dazu kommt: Digitale Fabriken fördern die Rückverfolgbarkeit; bei einem Produktfehler lässt sich damit schneller und mit geringerem Aufwand als bei herkömmlichen Fabriken nachvollziehen, was zu dem Fehler geführt hat. Und schließlich die höhere Sicherheit, da die Beschäftigten in geringerem Maße mit den bei der Impfstoffherstellung verwendeten Mikroben und Toxinen in Kontakt kommen.

Um von diesen Vorteilen profitieren zu können, hat Jinyu Bio sich die Umsetzung von Industrie 4.0 mit Unterstützung von Siemens zum Ziel gesetzt. Dazu hat das erfahrene Siemens-Team für den Tierimpfstoffhersteller eine auf zehn Jahre ausgelegte Digitalisierungslösung entwickelt, die den gesamten Lebenszyklus umfasst. „Dieses Projekt verdeutlicht, dass Siemens sein digitales Portfolio an die Anforderungen unterschiedlicher Branchen, in diesem Fall Pharma, anpassen kann“, meint Xu Yibin, Section Manager bei Siemens China. Die Lösungen werden auf die Erfordernisse der Produktion abgestimmt. Bei Jinyu Bio bedeutet das eine Integration auf drei Ebenen:

 

Durchgängige Integration: In der Vergangenheit war es für Planungsingenieure problematisch, die Teamarbeit effizienter zu machen, da es nahezu unmöglich war, Informationen in Echtzeit auszutauschen und zu koordinieren. Zudem war die Änderung von Blueprints mit einem hohen Fehlerrisiko verbunden. Das ändert sich mit der digitalen Plattform Comos von Siemens. Über sie können die Ingenieure bei Jinyu Bio jederzeit und überall auf die Planungsdaten zuzugreifen. Das senkt die Entwicklungskosten und sorgt für effizientere Teamarbeit. Mit Comos erstellte digitale Zwillinge physischer Komponenten machen zudem eine wesentlich genauere Planung möglich. Beim Einsatz von Comos in Verbindung mit Simatic PCS 7 lassen sich die Daten der Komponenten verfolgen. Und sollte eine Wartung erforderlich werden, kann automatisch ein Arbeitsauftrag erstellt werden.

Vertikale Integration: Informationstechnik (IT) und Betriebstechnik (OT) waren bei Jinyu Bio früher zwei separate Bereiche. Die daraus resultierenden internen Informationssilos machten eine schnelle Reaktion der Fabrik auf neue Marktanforderungen unmöglich. Doch mit der vertikalen Integration von Software und Hardware änderte sich die Situation. Die Software XHQ Operations Intelligence ermöglicht eine kohärente Sicht auf die internen Informationssysteme als Grundlage für Entscheidungen des Managementteams. Ein wichtiges Werkzeug in diesem Zusammenhang ist Simatic IT eBR, ein für die Pharmaindustrie entwickeltes Manufacturing Execution System (MES). Simatic IT eBR steuert unter anderem die automatisierte Produktion und erlaubt eine vollständige Rückverfolgung.

Siemens ist Jinyu Bio bei der digitalen Transformation immer ein professioneller, engagierter und verlässlicher Partner.
Zhang Chongyu, Chairman von Jinyu Bio

Horizontale Integration: Die erfassten Daten und die aus ihnen gewonnenen Erkenntnisse machen den wahren Wert des Internets der Dinge (IoT) aus. Jinyu Bio baut in Zusammenarbeit mit Siemens IoT-basierte Big-Data-Plattformen auf. Mit umfassenden digitalen Angeboten wie Teamcenter, Simatic IT Unilab und Sipat unterstützt Siemens Jinyu Bio bei der horizontalen Integration der Daten – von Materiallieferanten bis zu Impfstoffabnehmern. Das Managementteam von Jinyu Bio sieht Big Data als unverzichtbar für eine intelligente Fertigung – und letztlich eine smarte Impfung – an.

Chancen für heute und morgen

Die Umsetzung von Industrie 4.0 bei Jinyu Bio geht einher mit der Entwicklung und Förderung von Talenten, denn die Arbeit in einer digitalen Fabrik erfordert andere Kompetenzen. Dabei wird Jinyu Bio von Siemens unterstützt. Das Unternehmen hilft den Beschäftigten, ihr Automatisierungs- und Informations-Know-how zu erweitern, wodurch ein Kulturwandel angestoßen wurde: „Die fachbezogenen Schulungen haben bei unseren Produktions- und Managementteams eine digitale Denkweise, ein ‚Digital Mindset‘, verankert“, erklärt Ma Yiming, Human Resources Director bei Jinyu Bio.

 

Angesichts des digitalen Mindset seiner Mitarbeiter und mit Siemens als Partner ist Jinyu Bio bestens aufgestellt, um die biopharmazeutische Industrie in ein neues Zeitalter der Digitalisierung zu führen. Alles deutet darauf hin, dass China erneut mit Impfstoffen Geschichte schreibt.

Jinyu Bio-technology Co., Ltd.

 

Das Unternehmen Jinyu Bio-technology Co., Ltd. wurde im März 1993 gegründet. Getreu der Vision „Durch Engagement für die Gesundheit gemeinsam das Leben besser machen“ ist das Unternehmen bestrebt, durch ständige Innovation bei Management, Technologie und Produkten den Kern seiner Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Ende 2015 beschloss Jinyu Bio-technology die Errichtung eines neuen Industrieparks. Neben Produktionsstätten beherbergt der Industriepark auch das National High-Level Biosafety Lab, das der digitalen Transformation in der chinesischen biopharmazeutischen Industrie den Weg bereiten soll.

 

August 2019

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