Brandschutz: Mit Feuer gegen Feuer im FireLab
Brandmelder schützen Menschen und Gebäude zuverlässig vor Feuer. Dafür steht die Hightech-Forschung von Siemens im schweizerischen Zug, wo die Systeme im brandneuen und hauseigenen FireLab entwickelt und getestet werden.
Am 28. Oktober 2016 wurde das Royal Clarence in Exeter ein Opfer der Flammen. 120 Feuerwehrleute rückten aus, nachdem in Englands ältestem Hotel am frühen Morgen ein gigantisches Feuer ausgebrochen war. Ihre Löschanstrengungen waren vergebens. Das Royal Clarence sowie mehrere Nachbargebäude brannten bis auf die Grundmauern nieder. Ein trauriges Ereignis – aber kein seltenes: Jedes zwölfte Hotel weltweit ist einmal im Jahr von einem Brand betroffen. Und in Großbritannien allein werden monatlich mindestens sieben historische Gebäude durch Feuer zerstört, darunter historische Hotels wie das Royal Clarence.
Falschalarme sind in der Gebäudesicherheit ein großes Problem – ein Problem jedoch, das Siemens mit modernster Technologie lösen kann.Mario Kahlert, Head Fire Safety
Aber Brände sind nicht das einzige Problem: Sehr oft entpuppen sich Brandmeldungen bei Gebäuden – historischen, aber auch modernen – als Falschalarme. Gemäß einer niederländischen Studie passiert dies in bis zu 86 Prozent aller Fälle. 2012 gingen im Vereinigten Königreich 312.000 Alarme ein, die sich im Nachhinein als Falschalarme erwiesen. Der schweizerische Feuerwehrverband zählte im selben Jahr über 17.000 Falschalarme, und in der Stadt München rückten 2012 die Feuerwehrleute 4.757-mal vergeblich aus. „Falschalarme sind in der Gebäudesicherheit ein großes Problem, das mit hohen Kosten verbunden ist. Dieses Problem kann Siemens mit modernster Technologie lösen“, sagt Mario Kahlert von Siemens. Das Versprechen, das der Head Fire Safety abgibt: „Siemens garantiert: keine Falschalarme mehr!“
Im Feuer getestet
Für dieses Versprechen wird bei Siemens hart gearbeitet und geforscht. In Zug hat das Unternehmen Anfang 2016 das brandneue FireLab in Betrieb genommen: ein hochmodernes Brandlabor, in welchem Brandmelder der neusten Generation entwickelt und in ausgeklügelten Prüfverfahren getestet werden. „Wir haben acht verschiedene Testfeuer, um unsere Brandmelder auf ihre Alltagstauglichkeit zu prüfen und verschiedene Umgebungsbedingungen zu testen“, erklärt Urs Schmid, Leiter des Brandlabors.
Eine Demonstration macht deutlich, wie dies im Laboralltag funktioniert: Im Innern des Brandraums – ein knapp 100 Quadratmeter großer Raum, der mit seinen weißen Fliesenwänden an eine Kühlanlage erinnert – wird ein Alkoholfeuer entfacht. Gelb-orange züngeln die Flammen am Betonboden, während schwacher Rauch zur Decke emporsteigt, wo verschiedene zu testende Brandmelder montiert sind. Der Raum ist komplett dicht, die Luft wird gefiltert zu- und abgeführt. Zunächst passiert nichts – bis nach zwei Minuten und 40 Sekunden der erste Melder losgeht. „Gemessen werden Temperatur, Gasentwicklung und Aerosole, also Rauchpartikel“, erläutert Schmid. Die entsprechenden Verlaufskurven dieser Parameter lassen sich außerhalb des Brandraums auf dem Bildschirm nachvollziehen. Je nachdem, für welche Empfindlichkeit ein Brandmelder konfiguriert ist, wird der Alarm früher oder später ausgelöst.
Rund 1000 Testläufe pro Melder
Zum FireLab gehören verschiedene Labore, in denen die Geräte noch detaillierter getestet werden: Der Thermokanal misst die Wärmeempfindlichkeit eines Brandmelders, wobei sich die unterschiedlichsten klimatischen Situationen isoliert durchspielen lassen. Eine weitere Prüfstation ist das Optiklabor: Ein Siemens Brandmelder ist im Innern mit Streuungswinkeln ausgestattet. Im Optiklabor wird geprüft, wie unterschiedliche Rauchpartikel gestreut werden, denn diese Streuung lässt Rückschlüsse auf die Größe des Feuers zu – und sogar darauf, was dabei verbrannt wird: Holz, Kunststoff, Textilien, Flüssigkeiten und anderes. Der Gaskanal schließlich dient dazu, die Gasentwicklung eines Feuers zu analysieren. Die Detektoren von Siemens sind so empfindlich, dass sie verschiedene Gase anhand der Wellenlängen differenzieren und über unterschiedliche Farben anzeigen können. Ein neu entwickelter Brandmelder wird rund 1000 Testläufen unterzogen, bevor er in Produktion geht. Und auch dort unterliegen die Geräte strengen und regelmäßigen Prüfschritten. Denn: „Das Wissen ist im Melder, nicht in der Zentrale“, betonen die Fachleute in Zug.
Eine wichtige Innovation ist die Sinorix Silent Extinguishing Technology, kurz „Silent Nozzle“, die Siemens für Daten-Center und Server-Räume entwickelt hat. Vor einigen Jahren hat die Brandschutz-Industrie erkannt, dass magnetische Festplatten und Datenspeicher-Systeme lärmempfindlich sind: Ab einer Lautstärke von 140 Dezibel und mehr können Daten zerstört werden. Auch beim druckintensiven, lauten Austritt von Löschgas droht dieses Risiko. Mit der innovativen Silent-Nozzle-Technologie passiert dies nicht: Silent Nozzle ist ein geräuscharmes Löschsystem, das die Zerstörung von Festplatten durch Lärmimmissionen verhindert. So können auch sensible Datensätze ein Feuer unbeschadet überstehen.
MegaFoot Lab: Austesten bis zum Limit
Um die Alltagstauglichkeit der Systeme zu garantieren, werden sie weiteren Tests unterzogen. Denn nur so lassen sich große, vernetzte Anlagen in Betrieb nehmen. Dies erprobt das MegaFoot Lab – ein weiterer Leuchtturm auf dem Campus von Siemens in Zug. Sechs Kilometer Kabel wurden in diesem neuen Labor verlegt, um verschiedenste Gebäude-situationen zu simulieren. Das Ziel der Versuche: Schnittstellen von unterschiedlichen Systemen zu überprüfen und die Funktionalität von Netzwerken bis zum Limit auszutesten. So wird Wissen generiert, wie ein Netzwerk reagiert, in welches Tausende von Brandmeldern integriert sind.
Den Test in der Wirklichkeit bestehen die Erzeugnisse aus Zug allerdings schon lange: Schloss Tettnang in Deutschland, die Aydin-Universität in Istanbul, das Ring-Mall-Shopping Center in Sofia oder das Radisson Blu Plaza in Ljubljana sind Beispiele von großen Gebäuden, in denen tausendfach vernetzte Siemens Brandmelder die Menschen vor Feuer schützen. Zuverlässig, sicher – und ohne falsche Alarme.
16.01.2017
Text: Irène Dietschi, Wissenschaftsjournalistin in der Schweiz
Bilder: Regine Giesecke, Architecture Photography GmbH, Siemens AG
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