REXEL Austria: Energieeffizienz in Echtzeit
Die Energieeffizienzexperten der REXEL Austria GmbH, welche Teil der weltweit agierenden REXEL Group ist, haben mit dem Energiemonitoringssystem und MindSphere von Siemens nicht nur den eigenen Energieverbrauch digitalisiert und damit Geld gespart, sondern gleichzeitig ein neues Geschäftsmodell entwickelt.
Über manches, was die EU in Brüssel plant und beschließt, lässt sich diskutieren. Aber im Falle der Energieeffizienz-Richtlinie von 2012 ist man der Europäischen Union bei REXEL in Weißkirchen an der Traun, zwei Stunden Fahrt von Wien in Richtung Westen, vor allem eines: dankbar.
„Das Gesetz hat uns den nötigen Impuls für eine richtige Entwicklung gegeben“, sagt Diplomingenieur Alexander Wunderer, Energieexperte bei REXEL. „Und heute haben wir unseren Energieverbrauch um zehn Prozent gesenkt, sind Pioniere im Energiemanagement und haben nebenbei ein neues Geschäftsmodell gefunden.“ Wunderer sitzt im Konferenzraum, hinter ihm ein breites Panoramafenster, das einen Blick in eine der drei Lagerhallen bietet. Im Zentrallager von REXEL Austria herrscht eiliges Treiben. Von hier werden Unternehmen in ganz Österreich mit allem beliefert, was die Welt der Elektroniktechnik bietet: vom Kabel bis zur Kaffeemaschine. Das Unternehmen hat 650 Mitarbeitende, 100 davon im Außendienst. Es gehört zur weltweit tätigen REXEL Group – mit 2.000 Filialen in 26 Ländern einer der führenden Großhandelskonzerne für den Vertrieb von elektrischen Produkten und Dienstleistungen für die Energiewelt.
Eine Reise mit Überraschungen
So wie andere Großunternehmen stand REXEL nach Einführung der EU-Richtlinie vor der Wahl: Alle vier Jahre ein Energieaudit durchführen oder ein Energiemanagementsystem einführen. Das Unternehmen entschied sich für das Energiemonitoringsystem von Siemens – der Beginn einer Reise, die einige Überraschungen brachte und noch lange nicht zu Ende ist.
„Erst einmal haben wir mit einigen einfachen Zählern die Energieflüsse sichtbar gemacht. Wir wollten wissen: Wo verbrauchen wir wann wieviel Energie?“, erzählt Rainer Brade, Produktmanager von Siemens Österreich für Energiemonitoring und Energieschaltgeräte. Wenn er „wir“ sagt, wird deutlich, wie eng er und das Team Energy Solution von REXEL an diesem Projekt zusammenarbeiten.
Und es folgte eine Überraschung. Wunderer hatte erwartet, dass der Motorenbereich in der Halle – etwa die Kabelschneidemaschine, die den ganzen Tag in Betrieb ist – den Löwenanteil am Energieverbrauch hat. Aber weit gefehlt: Den größten Anteil hatte die Beleuchtung, gefolgt von der Büro-IT. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass es in den meisten Unternehmen ähnlich falsche Vorstellungen gibt“, sagt Wunderer.
Und heute haben wir unseren Energieverbrauch um zehn Prozent gesenkt, sind Pioniere im Energiemanagement und haben nebenbei ein neues Geschäftsmodell gefunden.Alexander Wunderer, REXEL Energieexperte
Einziges CO2-neutrales Logistikzentrum im Land
„In vielen Unternehmen sieht man die Energiekosten noch immer als Fixkosten“, erklärt Ingenieur Michael Hauser, Geschäftsfeldleiter Industrie bei REXEL Austria. „Man bekommt die Rechnung vom Energieversorger – und das ist alles, was man darüber weiß. Wir wollen den Unternehmen zu mehr Transparenz verhelfen.“
Mit der Energiemonitoringsoftware powermanager findet man relativ einfach und schnell heraus, wo wieviel Energie fließt – und wie man sie einsparen kann. So auch in Weißkirchen. Als ersten Schritt wechselte das Unternehmen in einer Halle das veraltete Beleuchtungssystem. Dazu zählte, dass nun die Beleuchtungen in den Gängen des Lagers heruntergedimmt werden können, wenn sie nicht belegt sind. Zudem wird das Tageslicht besser genutzt. Das führte zu einer Einsparung von zehn Prozent des Energieverbrauchs – rund 1.400 Euro im Monat. Und obwohl das Unternehmen wenig später auf den etwas teureren Ökostrom umstellte und damit als einziges Logistikzentrum in Österreich CO2-neutral wurde, konnten die Energiekosten merkbar und nachhaltig gesenkt werden. „Das hat uns zum Nachdenken angeregt“, erklärt Wunderer. Und Hauser fügt hinzu: „Dieser Start mit der Energiemonitoringsoftware powermanager war für uns wie ein interner Treiber für zukünftige Energiespar-Projekte.“
Die Experten interessierten jetzt die „Key Perfomance Indicators“, auf gut Deutsch: Wieviel Energie wird aufgewendet pro Tätigkeit? Im Falle der Lagerhalle zum Beispiel: Wie viel Mal greift ein Gabelstapler ins Regal und wie viel Energie muss er dafür aufwenden?
Alles in der CloudAlles in der Cloud
„Es wird ja viel über die Industrie 4.0, die Digitalisierung und das Internet of Things gesprochen, aber oft bleibt das im Ungefähren. Wir haben es gemacht“, sagt Rainer Brade. Die einzelnen Sensoren wurden dabei an die MindSphere angeschlossen – das cloudbasierte, offene IoT-Betriebssystem von Siemens – und liefern seitdem Daten darüber, wo in der Halle welche Maschinen bei welchen Tätigkeiten wieviel Energie verbrauchen.
„Damit geben wir die Benchmark vor“, erklärt Michael Hauser. Die Geschäftsführung von REXEL in Deutschland (wo man unter dem Markennamen Hagemeyer am Markt vertreten ist) hat bereits einer Installation des Systems in einem deutschen Lager zugestimmt. „Die Infrastruktur der Lager ähnelt sich sehr. Wenn wir dann die Daten vergleichen, können wir uns fragen, warum hier mehr und dort weniger Energie verbraucht wird“, erklärt Hauser. Und dann lassen sich die Vorgänge optimieren.
In einem nächsten Schritt soll über den Energieverbrauch einer Maschine auch festgestellt werden, wann Teile ausgetauscht werden müssen, bevor die Maschine stillsteht – Stichwort „Predictive Maintenance“. „Wir lernen da gerade zusammen mit Siemens“, sagt Wunderer.
Bei REXEL gab es von Anfang an großes Interesse für die Möglichkeiten der MindSphere – aber auch Nachfragen bezüglich der Datensicherheit. „Dem sind wir begegnet, indem wir die IT-Abteilung mit eingebunden haben“, erklärt Wunderer. „Es ist sehr wichtig, dass die Spielregeln gleich zu Beginn klar sind.“ Rainer Brade von Siemens stellte vor den Verantwortlichen damals klar: „Das Unternehmen kann selbst darüber bestimmen, welche Daten es in die Cloud der MindSphere hochlädt – und welche im Unternehmen bleiben.“
Dass Energie sparen bedeutet, Geld zu sparen, wissen alle. Wir zeigen ihnen, wie es geht.Michael Hauser, REXEL Austria Geschäftsfeldleiter Industrie
Jetzt gibt’s eine eigene App
Die vielen Erfahrungen, die REXEL zusammen mit Siemens bei der Optimierung des eigenen Energieverbrauchs gesammelt hat, kann das Unternehmen jetzt in einem neuen Geschäftszweig einsetzen: bei der Beratung der eigenen Kunden aus Industrie und Handel. „Ein klassischer Auditor hinterlässt dem Kunden nur eine Bestandsaufnahme mit Empfehlungen, die dieser dann in der Schublade verschwinden lässt. Aber wir bieten unseren Kunden sowohl die Beratung als auch die Lösung und Umsetzung an – inklusive der Suche nach Fördermöglichkeiten“, erklärt Hauser. Und das Angebot Energy Solutions trifft auf große Nachfrage: Bei einer Informationsveranstaltung im Herbst kamen über 100 Interessenten von großen und mittleren Unternehmen. „Dass Energie sparen bedeutet, Geld zu sparen, wissen alle. Wir zeigen ihnen, wie es geht“, so Hauser.
Bei ihren Beratungen stoßen sie auch immer auf Interesse an den Erfahrungen mit der MindSphere. Auch und gerade für KMUs ein essentielles Thema, findet Rainer Brade: „Für die kleinen und mittleren Unternehmen ist es noch viel wichtiger, das Thema Internet of Things. Sie haben nicht die großen EDV-Abteilungen, die Rechenzentren, die großen Unternehmen zur Verfügung stehen, sondern sie müssen sich auf kompetente Partner verlassen können – wie eben unsere MindSphere. Dort können sie ihre Daten abliefern, hineinschieben und Reports daraus ziehen.“
Um das System benutzerfreundlicher zu machen, entwickelt REXEL zusammen mit Siemens in Österreich derzeit eine eigene Applikation für MindSphere – oder MindApp –, die die gesammelten Daten zum Energieverbrauch einfach und verständlich aufbereitet – sie soll bis zum Sommer einsatzbereit sein. „Damit der oder die Verantwortliche im Unternehmen auf einen Blick, in Echtzeit und ortsunabhängig über die aktuelle Energieverbrauchssituation informiert ist,“ sagt Wunderer.
16.03.2018
Text: Moritz Gathmann, Journalist in Berlin.
Bilder: Reiner Riedler
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