Langfristige Partnerschaft für neue Lernwelten
Warum die Stadt Wien neue Schulhäuser als Bildungs-Campusse konzipiert.
Eine angenehme Atmosphäre, flexible und funktionale Räume, Interaktionsmöglichkeiten und kurze Wege: Ein moderner Campus bietet optimale Bedingungen zum Lernen und Arbeiten, aber auch für Freizeitaktivitäten. Die Stadt Wien verwirklicht derzeit gleich mehrere Bildungseinrichtungen, die diese Ansprüche erfüllen. Und nicht minder innovativ geht sie bei der Finanzierung vor: Ein Public-Private-Partnership-Modell für Bau und Betrieb stellt sicher, dass die Campus nachhaltig, effizient und kostengünstig sind und bleiben.
Der Uni-Campus wurde im 18. Jahrhundert im platzverwöhnten Amerika erfunden. Sämtliche Universitätsgebäude wurden an den Rändern der Städte nah beieinander errichtet – vom Hörsaal über Labor, Festsaal, Sportanlagen, Verwaltung und Bibliothek bis hin zu Mensa und Wohnheimen. Mittlerweile hat es der Campus vom Stadtrand ins Zentrum geschafft, wenngleich in angepasster Form: Heute können nicht nur Studenten, sondern auch Kindergartenkinder einen Bildungscampus besuchen – in Europa ebenso wie in Asien oder im Mittleren Osten. Gleich geblieben ist das Konzept der kurzen Wege, die Verbindung von Wissensarbeit und Freizeit sowie ein geteilter Raum, der sich für Forschung, Lehre und Freizeit gleichermaßen nutzen lässt.
Campusstadt Wien
Sichtlich angetan von dieser Verbindung zwischen Bildung und Freizeit ist die Stadt Wien: Hier laufen derzeit gleich mehrere Campus-Neubauprojekte. Ziel der Stadt ist es, in den neuen Bildungseinrichtungen Kindergarten-, Schul- und Freizeitpädagogik miteinander zu vernetzen, um die Bildungsqualität im urbanen Raum weiter zu verbessern. Dabei spielen die Schulgebäude eine Schlüsselrolle. Schließlich sind die Kinder hier ganztägig betreut. Die Infrastruktur soll es ermöglichen, dass sich Lernen und Freizeit im Tagesverlauf abwechseln. Die Gebäude sollen sowohl konzentriertes Arbeiten ermöglichen als auch Ruhe und Kreativität zulassen.
Wien hat gute Gründe, um in neue Schulen zu investieren: Immerhin ist die Stadt an der Donau die am schnellsten wachsenden Metropole Europas. Zudem genießt Wien in Sachen Bildung einen ausgezeichneten Ruf. Mit 200.000 Studierenden ist sie die größte Universitätsstadt im gesamten deutschsprachigen Raum.
Mit dem Schuljahr 2020/21 ist der Campus „Christine Nöstlinger“ am ehemaligen Nordbahnhofgelände in Betrieb gegangen. Er wurde allerdings nicht für Studenten, sondern rund 1600 Kinder von 0 bis 14 Jahre gebaut. Die multifunktionale, ganztätig und ganzjährig geführte Bildungseinrichtung beherbergt auf 30.000 Quadratmetern unter anderem eine Dreifach-Turnhalle, zwei Gymnastiksäle, eine Musikschule der Stadt Wien, einen Veranstaltungssaal, Kreativräume, einen Speisesaal und einen Therapiebereich.
Innovatives Finanzierungsmodell
Neue Wege geht Wien nicht nur beim pädagogischen Ansatz und der Gebäudearchitektur. Auch bei der Finanzierung des neuen Bildungscampus hat sie sich für einen innovativen Ansatz entschieden, konform mit den Vorgaben der EU-Finanzierungsregeln: Die Stadt ist dabei eine langfristige Public-Private-Partnership (PPP) mit Siemens Gebäudemanagement & -Services G.m.b.H. (SGS) eingegangen.
Ungewöhnlich daran: Als Generalunternehmer ist Siemens nicht nur für den Bau des Campus verantwortlich, sondern auch für den Betrieb der Gebäude für bis zu 25 Jahre. Für die rund zweijährige Errichtungsphase geht Siemens als Konsortialführer in Vorleistung. Für die Stadt selbst entstehen in dieser Zeit noch keine Kosten – diese fallen erst in der Nutzungsphase an: Ab Eröffnung bezahlt die Stadt monatlich einen Pauschalfixpreis – damit werden über die Vertragslaufzeit die Erstellungs- und die laufenden Betriebs- und Finanzierungskosten gedeckt. Nach Vertragsende geht das Gebäude in einem einwandfrei gewarteten Zustand in den Besitz der Stadt oder Gemeinde über.
Diese Finanzierungslösung hat große Vorteile: „Die lebenszyklusorientierte Vergabe garantiert Nachhaltigkeit und überschaubare Kosten“, erklärt Manfred Völker, Geschäftsführer der Siemens Gebäudemanagement & -Services G.m.b.H. (SGS). Dabei haben beide Partner ein Interesse an einem möglichst effizienten Gebäudebetrieb. „Beim Campus Nordbahnhof kommt unser Energiemonitoring-Tool Navigator zum Einsatz. Die cloudbasierte Plattform mit dem Betriebssystem MindSphere zur Steuerung vernetzter Sensoren ermöglicht uns, Gebäude energieeffizient zu betreiben und den Energieverbrauch ohne Komfortverlust in festgelegten Limits zu halten“, sagt Völker.
Wenn man weiß, dass 80 Prozent der Kosten eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus betrachtet nicht etwa beim Bau, sondern während des Betriebs anfallen, erscheint es doppelt sinnvoll, in der Betriebsführung einen Technologiekonzern an seiner Seite zu haben.
Minimaler Energieverbrauch garantiert
Im sogenannten Lebenszyklus-Modell, auf dem die PPP in Wien basiert, hat Siemens seine Erfahrungen aus dem Bau und Betrieb von Gebäuden, die auf dem neusten Stand der Energie- und Regelungstechnik sind, zu einem Angebot verdichtet. Dieses richtet sich insbesondere an Einrichtungen der öffentlichen Hand.
Das hat einen Grund: Wenn die Bevölkerung wächst, ist es für viele Städte und Gemeinden nicht ohne weiteres möglich, die notwendige Infrastruktur aus dem laufenden Budget zu bestreiten. Deshalb kann es beim Bau von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Universitätsgebäuden oder Schulen interessant sein, einen lebenszyklusorientierten Finanzierungsansatz zu wählen – und langfristig mit einem verlässlichen Vertragspartner zusammenzuarbeiten.
Siemens trägt das Risiko
„Je schwieriger, desto lieber“ formuliert Manfred Völker seinen Anspruch an Infrastruktur-Projekte. Gearbeitet wird bei solchen Vorhaben mit verteilten Rollen: Die Vertreter der Stadt bringen ihre Expertise ein, definieren Anforderungen, Qualität und Kostenrahmen. Siemens bringt die Planungs- und Gebäudekompetenz ein: „Bei den Lebenszyklus-Kosten als Summe von Bau- und Betriebskosten das Optimum zu erzielen, ist unser eigenes Know-how“, so Völker.
Das Erfolgsrezept liege darin, das Projekt wie geplant auszuführen. Denn wer umplant, in Verzug gerät respektive den Preis für Material oder Leistung nicht halten kann, kauft die Baukostenüberschreitung bereits mit ein. „Wir garantieren einen fixen Energiekonsum und fixe Emissionsmengen. Wenn wir die nicht erreichen, müssen wir zahlen. Aber das ist noch nie passiert, weil unsere Lösungen funktionieren“, sagt Manfred Völker.
Davon scheint auch die Stadt Wien überzeugt zu sein. Schließlich arbeitet sie nicht nur beim neuen Campus am Nordbahnhof mit Siemens: Im September 2021 werden die im Bau befindlichen Bildungscampusse in der Seestadt Aspern Nord und der Bildungscampus im Stadtentwicklungsgebiet Aspanggründe Aron Menczer in Betrieb gehen. Im Juni 2020 fanden die Spatenstichfeierlichkeiten der neu gewonnenen Bildungscampusse in Atzgersdorf und im Westen Wiens, der Deutschordenstraße, statt. Die „ONMMS Wanda Lanzer“ Schule in Stammersdorf ist bereits seit 2018 in Betrieb.
21. Dezember 2020
Bilder: Siemens AG
Abonnieren Sie unseren Newsletter
Bleiben Sie auf dem Laufenden: Alles was Sie über Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung wissen müssen.