Branddirektor Westphal - volle Löschkraft voraus!

Warum das modernste Feuerlöschboot Europas neue Maßstäbe setzt – und was technologisch dahintersteckt.

Der Hamburger Hafen hat eine Sehenswürdigkeit mehr und – und ist mit ihr noch ein ganzes Stück sicherer geworden. Die "Branddirektor Westphal“ beeindruckt aber nicht allein durch ihre Größe und enorme Feuerlöschkraft. Auch das Zusammenspiel der Technologien an Bord dürfte Fachleute und Technik-Aficionados begeistern.

"Jetzt können wir auch die größten Container- und Kreuzfahrtschiffe der Welt löschen", sagt Karsten Schönewald, Geschäftsführer der Flotte Hamburg. Sein Unternehmen gehört zur Hamburg Port Authority und betreibt unter anderem die Boote der Wasserschutzpolizei sowie die Feuerlöschboote im Hafen. Dass heute auch Brände auf Ozeanriesen bewältigt werden können, ist dem jüngsten – und größten – Löschboot der Flotte zu verdanken: der 43,5 Meter langen und 10 Meter breiten „Branddirektor Westphal“, benannt nach Johannes Westphal, dem ersten Branddirektor nach dem zweiten Weltkrieg. Sie bietet im Falle eines Einsatzes 32 Einsatzkräften Platz und pumpt bis zu 120.000 Liter Wasser in der Minute – das entspricht der Kapazität von drei Tanklastzügen. 

Jetzt können wir auch die größten Container- und Kreuzfahrtschiffe der Welt löschen.
Karsten Schönewald, Geschäftsführer der Flotte Hamburg

Neben der Brandbekämpfung ist das Schiff auch für die Personenrettung und technische Hilfeleistung ausgerüstet. Für Rettungseinsätze steht ein Sanitätsraum nach Vorbild eines Rettungswagens bereit. Die Branddirektor Westphal verfügt darüber hinaus über eine Schutzluftanlage und kühlt sich im Extremeinsatz selbst herunter, so dass sich die Besatzung Bränden gefahrlos nähern und auch in giftige Atmosphären fahren kann. "Wir sind damit vorbereitet auf die Größenentwicklung der Schiffe hier im Hafen", sagt Karsten Schönewald.

Mit den Schiffen wachsen die Anforderungen

Der Güter- und Tourismusverkehr in einer globalisierten Welt hat die Kapazitäten der Schiffe, die unsere Häfen anlaufen, um ein Vielfaches ansteigen lassen. Während sich Ende der 1980er-Jahre auf der sogenannte "Post Panamax Klasse" der Containerschiffe noch 4.000 bis 5.000 Container stapelten, sind es heute bis zu 24.000 Standardcontainer. Verzeichnete der Hamburger Hafen im Jahr 2000 gerade einmal 18 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen mit einer Gesamtpassagierzahl von 29.000, so waren es 2019 ganze 815 Schiffsanläufe mit 210.000 Passagieren. 

Das neue Boot kann Wasser bis zu 180 Meter weit und 100 Meter hoch spritzen.
Espen Sveberg, Sales Manager, FFS Fire Fighting Systems

Entsprechend gewachsen sind auch die Anforderungen an die Hafeninfrastruktur – insbesondere, was die Sicherheit betrifft. Nicht nur, dass der Hafen insgesamt wächst und im Ernstfall ein entsprechend abgelegener Brandherd schnell erreicht werden muss. Vor allem die Größe und Höhe der Schiffe, die in Brand geraten könnten, stellt die Feuerwehr vor immense Herausforderungen, was die Schnelligkeit, Löschkraft und auch was den Selbstschutz der Besatzung angeht. Bei all diesen Faktoren setzt die Branddirektor Westphal neue technologische Standards. Eine klare Benchmark für Brandbekämpfung in allen europäischen Häfen.

Schneller, höher, weiter

Der Hamburger Hafen nimmt mit rund 7.200 Hektar etwa 10 Prozent der gesamten Stadtfläche ein. Ein herausforderndes Areal, das höchste Anforderungen an die technische Ausstattung eines Feuerlöschschiffes stellt. Zwei mit Rußpartikelfilter und Katalysator zur Abgasreinigung versehene Dieselaggregate bringen die Branddirektor Westphal auf eine Geschwindigkeit von bis zu zwölf Knoten, das sind etwa 22 km/h. Damit erreicht das Schiff von seinem Liegeplatz aus in weniger als 30 Minuten das Containerterminal.

 

"Das neue Boot kann bis zu 180 Meter weit und 100 Meter hoch spritzen", erläutert Espen Sveberg vom Norwegischen Spezialisten für Feuerbekämpfung FFS (Fire Fighting Systems). Drei Löschmonitore sind für diese Leistung verantwortlich, dazu kommen zwei weitere kombinierte Wasser- und Schaumstrahlrohre. Die Löschkanonen entwickeln im Einsatz einen enormen Druck, und das Schiff muss gegen den Rückstoßeffekt ansteuern. Dafür sorgen ein dynamisches Positionierungssystem, zwei Bugstrahlruder und zwei Ruderpropeller, die das Schiff auf Kurs und während eines Einsatzes präzise auf Position halten.

 

Für die zuverlässige Ausrichtung und Ausfallsicherheit der drei Hochleistungs-Löschmonitore ist die SIRIUS Hybrid-Schalttechnik in Verbindung mit Motorstartern vom Typ SIMATIC ET 200SP verantwortlich. Dank deren schmaler Baubreite von nur 30 Millimetern werden alle drei Löschmonitore platzsparend über einen einzigen Schaltschrank gesteuert. Und sollte einmal ein Austausch eines Motorstarters nötig sein, wird unverzüglich eine Warnung über die Steuerungsbildschirme ausgegeben. Die sogenannte Hot-Swapping-Funktion erlaubt einen problemlosen Wechsel im laufenden Betrieb, weil das komplette System zu jedem Zeitpunkt einsatzbereit bleibt. Es bringt sich nach dem Austausch des Motorstarters automatisch auf den neuesten Stand und das neue eingesetzte Gerät kann sofort aktiv arbeiten.

Ich liebe die neue SIRIUS Hybridschalttechnik. Die ist wirklich perfekt. Denn die Geräte sind klein, benutzerfreundlich und haben viele Features.
Atle Vogl, Group Manager of Automation Design, Fire Fighting Systems

Ein wichtiger Faktor der Zuverlässigkeit und unbedingten Einsatzbereitschaft der Branddirektor Westphal ist die komfortable Diagnose-Ansicht aller im Boot verbauten Komponenten und Systeme. Das Zauberwort heißt hier Totally Integrated Automation (TIA): Das TIA-Portal von Siemens ermöglicht eine einfache Konfiguration und einen vollständigen Zugriff auf die technologischen Komponenten. Diese Lösung garantiert nicht nur den transparenten Betrieb, es erleichtert auch die Planung: Die Möglichkeit der Simulation aller Systemkomponenten noch vor deren Einbau stellt sicher, dass das gesamte System perfekt zusammenspielt, und gleichzeitig wird die Implementierungszeit deutlich verkürzt.  

Perfektes Zusammenspiel schafft Sicherheit und rettet Leben

Es liegt auf der Hand: Ein Feuerlöschschiff dieses Formats erfordert technische Systeme, die nahtlos ineinandergreifen. Nicht weniger bedeutsam ist aber, dass die beteiligten Akteure interdisziplinär zusammenarbeiten, in diesem Fall die Flotte Hamburg, die Hamburger Feuerwehr, der norwegische Spezialist für "Fire Fighting Systems" FFS und Siemens.

 

Das Ergebnis ist ein Feuerlöschboot der Extraklasse. "Wir wollen mit der Flotte Hamburg klarer Qualitätsführer sein", betont Geschäftsführer Karsten Schönewald. Es überrascht daher nicht, dass bereits zwei weitere, kleinere Schiffe zur Ergänzung der Flotte geplant sind. 

 

Letztendlich profitiert von der Leistungsfähigkeit einer modernen Feuerlöschflotte alle: Der Hamburger Hafen, die ansässigen Unternehmen, die Menschen, die dort arbeiten, und die zahlreichen Besucherinnen und Besucher aus aller Welt. Zugleich macht die Branddirektor Westphal die Stadt Hamburg über den Hafenbereich hinaus zu einem sichereren Ort. Als schwimmende Löschfabrik unterstützt das Schiff die Hamburger Feuerwehr nämlich auch zu Land. Damit ist die Branddirektor Westphal ein gutes Beispiel dafür, was intelligente Technologien zur Sicherheit der Menschen beitragen können.

01.09.2020

Bilder: Siemens AG

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