Sprung ins Zeitalter der E-Mobilität
Siemens und Volkswagen testen in Ruanda neue Mobilitätskonzepte.
E-Autos und Carsharing statt Privatautos mit Verbrennungsmotor: Die Initiative „Moving Rwanda“ testet in Kigali neue Mobilitätskonzepte, die auch für andere afrikanische Metropolen Vorbildwirkung haben könnten. Siemens liefert dazu die Ladeinfrastruktur.
Kigali boomt. Die Hauptstadt Ruandas hat bereits mehr als 1,1 Millionen Einwohner, und bis 2050 sollen in ihrem Großraum 4,5 Millionen Menschen leben. Aber schon heute stößt die Infrastruktur an ihre Grenzen: In den Stoßzeiten herrscht Stau auf den Straßen, und das Weiterkommen wird regelmäßig zu einer Geduldsprobe für die Pendler. Damit ist Ruandas Metropole nicht allein: In ganz Afrika wächst die Bevölkerung und damit auch die Megacitys – so hat zum Beispiel die nigerianische Hauptstadt Lagos derzeit schon rund 23 Millionen Einwohner und soll bis 2050 auf mehr als 32 Millionen anwachsen. Im Jahr 2100 könnte sie mit 88 Millionen Bewohnern sogar die größte Stadt der Welt sein.
Staus kosten Zeit und Geld
Das schafft überall auf dem Kontinent Probleme: Die täglichen Staus kosten Zelt und Geld, und die schlechte Luftqualität bedroht die Gesundheit der Menschen. Gefragt sind darum Lösungen für eine saubere Mobilität – wie etwa das digitale Verkehrskonzept „Moving Rwanda“, an dem sich neben Siemens, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auch Volkswagen, SAP und das Ingenieurbüro Inros Lackner beteiligen. Die Unternehmen haben vereinbart, gemeinsam an digitalen Mobilitätslösungen für Ruanda zu arbeiten, die zur nachhaltigen Entwicklung des Landes beitragen.
In einem Pilotprojekt untersuchen Siemens und VW, welchen Beitrag die Elektromobilität zur Verkehrswende in afrikanischen Metropolen leisten kann. Bis zu 50 elektrisch betriebene VW Golf sollen dafür künftig in Kigali unterwegs sein. Sie ergänzen die bestehende Flotte von rund 200 Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor, mit denen Volkswagen Mobility Solutions Rwanda Mobilitätsdienste wie Carsharing oder Ride Hailing in der Hauptstadt Ruandas anbietet. Buchen kann man die Autos per Handy mit der App „Move“, die das einheimische Startup Awesomity entwickelt hat.

Whitepaper: E-Fahrzeugnutzung und öffentliches Laden
Elektromobilität ist eine Herausforderung für alle Beteiligten. Das Magazin 'Transmission & Distribution World' und Siemens haben ein Papier erstellt, das die Herausforderungen des Flottenwachstums und der Ladeinfrastruktur beleuchten und Lösungsansätze aufzeigt.
Andere Städte ermutigen
Derartige Mobilitätsdienste bieten sich für Kigali und andere Metropolen besonders an, weil in Afrika rund drei Viertel der Menschen ein Handy, aber nur vier Prozent ein eigenes Auto besitzen. Mit Angeboten wie Carsharing und Ride Hailing könnten die dortigen Metropolen die Epoche des privaten Pkw mit Verbrennungsmotor überspringen und gleich zur E-Mobilität als Dienstleistung übergehen. Der Pilotversuch im Rahmen von Moving Rwanda soll andere Städte dazu ermutigen, ähnliche Tests zu starten. „Solche modernen Mobilitätskonzepte haben Signalwirkung für ganz Afrika“, sagt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller.
Dieses E-Mobilitätsprojekt hat afrikanische Städte dazu ermutigt, innovative Mobilitätskonzepte zu entwickeln.Sabine Dall'Omo, CEO Siemens Southern and Eastern Africa
Siemens steuert zum Test in Kigali insgesamt fünf Ladestationen für Elektrofahrzeuge bei, die jeweils aus zwei Ladesäulen mit Wechselstrom und 22 Kilowatt Leistung sowie einer Gleichstrom-Ladesäule fürs Schnellladen mit 50 Kilowatt Leistung bestehen. Eine davon steht auf dem VW-Werksgelände in Kigali, die vier anderen werden an strategisch wichtigen Punkten wie dem Flughafen und dem Kongresszentrum errichtet. In der ersten Phase des Projekts wollen die Partner in einer Studie wichtige Informationen sammeln, etwa zur Akzeptanz von E-Fahrzeugen und zum Ladeverhalten der Nutzer. Später sollen die Ladestationen auch für andere Nutzer wie Firmen, Flottenbetreiber und private Autofahrer geöffnet werden.
Offen für innovative Mobilitätskonzepte
Kigali ist für den Test von E-Mobilität eine gute Wahl: Die Stadt ist groß genug für einen Versuch unter realistischen Bedingungen, aber auch nicht zu groß für eine begrenzte Flotte von Fahrzeugen. „Außerdem ist die Stromversorgung eine der zuverlässigsten in Afrika und basiert im Wesentlichen auf erneuerbaren Energien wie Wasserkraft“, berichtet Marco Rahner, der für Siemens neue Technologien in den afrikanischen Markt bringt. „Das Mobilfunknetz ist ebenfalls sehr gut und stabil.“ Und schließlich sind auch die politischen Rahmenbedingungen günstig: Der ruandische Präsident Paul Kagame unterstützt neue Mobilitätsformen wie E-Autos, zudem gilt das Land als politisch stabil und zeichnet sich durch ein konstant hohes Wirtschaftswachstum aus.
"Dieses E-Mobilitätsprojekt hat afrikanische Städte dazu ermutigt, innovative Mobilitätskonzepte zu entwickeln, sagt Sabine Dall'Omo, CEO Siemens Southern and Eastern Africa. "Seit dem Projektstart spüren wir ein starkes Interesse an unseren Lade-Lösungen, insbesondere aus Ost- und Westafrika, und wir denken darüber nach, ähnliche Projekte in anderen Ländern zu lancieren."
Bis 2050 wird sich die Bevölkerung Afrikas auf rund 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Schätzungsweise etwa 20 Millionen neue Jobs müssen dort pro Jahr entstehen, damit die Jugendlichen auf dem Kontinent eine Zukunfts- und Bleibeperspektive haben. Dazu will auch Moving Rwanda beitragen: „Wir setzen auf moderne Ausbildungsangebote für die Jugend in Ruanda“, so Entwicklungsminister Gerd Müller. „Damit geben wir den jungen Menschen in ihrer Heimat Zukunftsperspektiven – als Mechaniker für die Wartung der Fahrzeugflotte oder als Software-Entwickler. Das ist ein weiterer Beitrag, mit dem wir unseren 'Marshallplan mit Afrika' konkret umsetzen.“
Gemeinsam mit Volkswagen und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit wollen wir dazu beitragen, dass hochwertige Ausbildung zu guten Beschäftigungsmöglichkeiten führt.Christian Hagemann, Siemens Government Affairs
Siemens und Volkswagen wollen in Zukunft Ausbildungsplätze in Ruanda schaffen, um den steigenden Bedarf an technischen Experten für die E-Fahrzeuge und die Ladeinfrastruktur decken zu können. „Gefragt sind zum Beispiel Mechatroniker sowie Mittelspannungs- und Hochspannungstechniker“, erklärt Christian Hagemann von Siemens Government Affairs. In gemeinsamen Workshops mit Volkswagen und anderen Unternehmen wurde das Thema bereits diskutiert, und in naher Zukunft will Siemens erste modular aufgebaute Trainings entwickeln. „So wollen wir gemeinsam mit Volkswagen und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit dazu beitragen, dass hochwertige Ausbildung zu guten Beschäftigungsmöglichkeiten führt“, sagt Hagemann.
Text: Christian Buck
Bilder: Siemens AG
25.05.2020
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